Eine Meinungsforscherin wurde in Verbindung mit den Korruptionsvorwürfen gegen die ÖVP festgenommen. Diese soll Umfragen geschönt haben.
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Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sein Amt niedergelegt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der österreichischen Partei ÖVP wird Korruption vorgeworfen.
  • Im Zusammenhang mit den Vorwürfen wurde nun eine Meinungsforscherin festgenommen.
  • Durch die Krise hat die ÖVP deutlich an Wählern verloren.

In Österreich ist nach Medieninformationen eine Meinungsforscherin festgenommen worden. Die Festnahme soll in Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen rund um die konservative ÖVP stehen. Ein entsprechender Bericht der Zeitung «Der Standard» wurde der österreichischen Nachrichtenagentur APA aus Anwalts- und Regierungskreisen bestätigt.

Geschönte Umfragen zum Vorteil der ÖVP

Sie wird von der Staatsanwaltschaft verdächtigt, eine zentrale Rolle bei Erstellung von geschönten Umfragen gespielt zu haben. Diese zum Vorteil der ÖVP angepassten Umfragen seien dann in den Medien platziert worden.

Dafür sollen Steuergelder veruntreut worden sein. Grund für die Festnahme soll Verdunkelungsgefahr sein. Die Beschuldigte soll laut der Zeitung kurz vor einer Hausdurchsuchung am 6. Oktober die Festplatte ihres Computers gelöscht haben.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bestätigte den Vorgang nicht. Sie erklärte, dass sie in laufenden Ermittlungsverfahren Anfragen zu konkreten Ermittlungsmassnahmen nicht beantworten dürfe. Die Anwältin der Verdächtigen war zunächst nicht erreichbar.

Ermittlungen gegen Sebastian Kurz

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und neun weitere Verdächtige wegen möglicher Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Das Team um Kurz soll dessen Aufstieg in Partei und Regierung auch durch eine Zusammenarbeit mit einem Medienhaus organisiert haben. Dafür soll zudem Steuergeld verwendet worden sein. Kurz und das Medienhaus bestreiten die Vorwürfe vehement.

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Alexander Schallenberg (ÖVP), Bundeskanzler von Österreich, wird in der Präsidentschaftskanzlei vereidigt. Foto: Lisa Leutner/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Lisa Leutner

Im Nationalrat in Wien lieferten sich Koalition und Opposition ein heftiges Wortgefecht um die Vorwürfe an die Adresse von Kurz. Der neue Kanzler Alexander Schallenberg verteidigte seinen Vorgänger erneut. Zudem zeigte er sich über einen Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel, einem Kurz-Vertrauten, befremdet.

Kritik an Schallenberg

Die oppositionellen Sozialdemokraten verlangten von Schallenberg einen klaren Schnitt mit dem konservativen Machtapparat seines Vorgängers. Er solle sich von allen unter Korruptionsverdacht stehenden Mitarbeitern von Kurz trennen, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. «Wer blind folgt, kann nicht führen», so die Sozialdemokratin an die Adresse von Schallenberg.

Pamela Rendi-Wagner
Pamela Rendi-Wagner kritisiertdie Kunz-Freundlichkeit von Schallenberg. - dpa

Kurz bleibt nach seinem Rücktritt Parteichef und ist von der ÖVP-Fraktion einstimmig zu ihrem neuen Chef bestimmt worden. Er soll am Donnerstag als Abgeordneter vereidigt werden. Am Dienstag musste er sich daher nicht der Kritik der Opposition im Parlament aussetzen.

Unterdessen mehren sich die Stimmen von ÖVP-Spitzenpolitikern, die den Einfluss des Ex-Kanzlers begrenzen wollen. Tirols Landeschef Günther Platter forderte in der «Tiroler Tageszeitung» Schallenberg auf, die Regierung «ohne Einflussnahme nach seinen Vorstellungen» zu führen. Zuvor hatten sich schon ÖVP-Amtskollegen aus der Steiermark und Vorarlberg ähnlich geäussert.

ÖVP verliert in der Wählergunst

Der Ex-Kanzler und die ÖVP haben laut einer Umfrage durch die Regierungskrise in der Wählergunst deutlich verloren.

In der Sonntagsfrage («Angenommen, am kommenden Sonntag wären Nationalratswahlen in Österreich. Welcher Partei würden Sie Ihre Stimme geben?») käme die ÖVP unter einem Spitzenkandidaten Kurz nur noch auf 26 Prozent. Dies geht aus der Befragung im Auftrag der «Kronen Zeitung» hervor.

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Die ÖVP verliert laut einer Umfrage durch die Regierungskrise die Gunst ihrer Wähler. - Keystone

Zuletzt wurde die ÖVP mit deutlich mehr als 30 Prozent gehandelt. Damit liegen ÖVP und sozialdemokratische SPÖ, die leicht zulegen würde, seit Jahren erstmals wieder auf einem ähnlichen Niveau.

FPÖ profitiert

Die rechte FPÖ profitiert den Angaben zufolge von den Entwicklungen und kommt auf bis zu 21 Prozent. Weitgehend unverändert rangieren laut Umfrage Grüne und liberale Neos bei jeweils etwa elf Prozent.

Die in der Corona-Krise impfkritische neue Partei MFG käme mit sieben Prozent ins Parlament. Vorgezogene Wahlen lehnen 48 Prozent der Österreicher ab, 42 Prozent wären dafür, so die Umfrage. Der als Sohn eines Diplomaten in Bern geborene Schallenberg war am Montag als Bundeskanzler vereidigt worden.

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