Erstmals seit drei Wochen und genau zum Auftakt des G7-Gipfels in Deutschland haben russische Truppen wieder die ukrainische Hauptstadt Kiew angegriffen.
Rettungsarbeiten in Kiew
Rettungsarbeiten in Kiew - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kuleba fordert mehr Waffen - Moskau weist Verantwortung für zerstörtes Wohnhaus zurück.

In einem Wohnkomplex schlugen am Sonntagmorgen mehrere Raketen ein, nach offiziellen Angaben wurden ein Mensch getötet und sechs weitere verletzt. Moskau bestritt allerdings die Verantwortung dafür. In der Ostukraine nahm die russische Armee zudem nach wochenlangen Kämpfen die Stadt Sjewjerodonezk vollständig ein.

Im von Raketen getroffenen Stadtviertel im Nordwesten von Kiew, in dem auch eine zuvor bereits zweimal von Russland angegriffene Rüstungsfabrik liegt, wurden die obersten drei Etagen eines zehnstöckigen Hauses komplett zerstört. Laut Berichten von AFP-Reportern brachen mehrere Feuer aus. In den Trümmern sei eine Leiche entdeckt worden, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram mit. Sechs Menschen seien verletzt worden, vier von ihnen - darunter ein sieben Jahre altes Mädchen - hätten ins Krankenhaus gebracht werden müssen.

Russland erklärte seinerseits, dass eine Raketenfabrik in Kiew angegriffen worden sei. Dass dabei ein Wohnkomplex getroffen worden sei, sei «falsch», erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Schäden an dem Wohnhaus seien vielmehr durch eine ukrainische Luftabwehrrakete verursacht worden.

Noch Stunden nach den morgendlichen Angriffen hatte die Feuerwehr Mühe, die Flammen in dem Wohnkomplex unter Kontrolle zu bringen. Ebenfalls von einer Rakete getroffen wurde ein Kindergarten in der Nähe, dabei wurde offenbar niemand verletzt.

Kiew war in den vergangenen Wochen nur selten Ziel russischer Angriffe, zuletzt Anfang Juni. Der Angriff am Sonntag solle die ukrainische Bevölkerung vor den Gipfeltreffen von G7 und Nato einschüchtern, erklärte Klitschko. Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba schrieb auf Twitter: «Ein siebenjähriges ukrainisches Kind hat friedlich in Kiew geschlafen - bis eine russische Rakete sein Haus explodieren liess.»

«Der G7-Gipfel sollte mit mehr Sanktionen gegen Russland und mehr schweren Waffen für die Ukraine antworten», forderte Kuleba mit Blick auf das Treffen der Staats- und Regierungschefs sieben grosser Industriestaaten (G7), das am Sonntagmittag im bayerischen Elmau begann. Dort verurteilte US-Präsident Joe Biden die neuen Angriffe auf Kiew als «Barbarei» Russlands. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als Gipfel-Gastgeber zeigte sich entsetzt: «Dass das ein brutaler Krieg ist, den Putin führt, haben wir jetzt wieder mitbekommen mit Raketenangriffen auf Häuser in Kiew.»

Der Ukraine-Krieg steht im Zentrum des G7-Gipfels in Elmau. Bereits kurz vor dessen Beginn kündigten Grossbritannien, die USA, Japan und Kanada ein Verbot für die Einfuhr von Gold aus Russland an. Bei dem dreitägigen Gipfel soll, ebenso wie beim Nato-Gipfel ab Dienstag in Madrid, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zu den Teilnehmern sprechen.

Der Staatschef vermeldete am Samstag eine Serie russischer Angriffe in verschiedenen Landesteilen. Dabei konzentrierten sich die russischen Truppen weiterhin vor allem auf den Osten der Ukraine. Nach wochenlangen Kämpfen gelang ihnen dort die vollständige Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Sjewjerodonezk, wie Bürgermeister Oleksandr Strjuk am Samstag bestätigte.

Moskaus Truppen und pro-russische Separatisten kontrollieren nun nahezu die gesamte Region Luhansk. Die Einnahme von Sjewjerodonzek gilt als strategisch wichtiger Schritt, um auch verbleibende Gebiete unter ukrainischer Kontrolle in der ebenfalls zum Donbass gehörenden Region Donezk zu erobern.

Russland beschoss nach eigenen Angaben zudem drei militärische Ausbildungszentren im Westen in der Nähe der polnischen Grenze und im Norden der Ukraine. Das russische Verteidigungsministerium machte keine Angaben, von wo aus die Raketen abgefeuert worden waren. Der ukrainische Geheimdienst warf Moskau zuletzt vor, Raketen bewusst von Belarus aus abzufeuern und das Nachbarland so «als Mitkämpfer in den Krieg in der Ukraine hineinzuziehen».

Russlands Präsident Wladimir Putin sicherte zudem dem belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko am Samstag die Lieferung von atomwaffenfähigen Raketensystemen zu.

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