Ende der Dating-Apps? Wieso Singles nicht mehr online suchen

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DPA, Janis Meier

Deutschland,

Flirt-Apps frustrieren viele Singles. Warum immer mehr Menschen sich dort nicht mehr aktiv um eine Beziehung bemühen – und wofür das gut sein kann.

Schluss machen mit den Dating-Apps? Eine Absage an die Liebe ist das nicht. (Symbolbild)
Schluss machen mit den Dating-Apps? Eine Absage an die Liebe ist das nicht. (Symbolbild) - Niklas Graeber/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Singles sind frustriert mit Dating-Apps und löschen diese.
  • «Die Leute machen online viel Show», sagt ein 42-Jähriger, der den Apps abgeschworen hat.
  • Online-Dating kann zu «enormen Druck auf die Psyche» führen, sagt eine Psychotherapeutin.

Die Sache mit dem Park ist für Johanna Winter ein Tiefpunkt gewesen. Wie schon so oft wollte die 35-Jährige, die eigentlich anders heisst, in einer Dating-App ein Treffen mit einem Mann ausmachen. Alles lief wunderbar, bis es an die Wahl des Treffpunktes ging.

Winter schlug einen Park am Wasser vor: «Er beendete den Kontakt mit den Worten, dass er kein Park-Mensch sei und es nie mit uns klappen werde.»

Das ist Online-Dating in der Kurzfassung: erstaunlich. Im Sinne von: Erstaunlich, wie rücksichtslos sich Menschen, die doch angeblich die Liebe suchen, verhalten können.

Für Winter war der typische Lebenszyklus eines Online-Flirts irgendwann so frustrierend, dass sie mit den Apps quasi Schluss machte.

«Ich habe alle Apps gelöscht»

Tinder, OkCupid, Bumble, Hinge und viele ähnliche Portale sind längst zur ersten Anlaufstelle für Singles geworden. Sie bestimmen die Flirt- und Dating-Kultur – und frustrieren immer mehr Menschen. So sehr, dass einige von ihnen Dating-Apps aus ihrem Leben verbannen, und sei es nur für eine gewisse Zeit.

Tinder
Bei dem Dating-App Tinder werden Menschen, die einem nicht gefallen, einfach weggewischt. - keystone

Auch Eugen Herzog, seit fünf Jahren ohne Partnerschaft und hier ebenfalls mit Pseudonym, gehört dazu: «Ich habe alle Apps gelöscht. Die Leute machen online viel Show, ich vielleicht genauso. Jeder will angeschrieben werden, meldet sich aber nicht zurück oder lässt sich nicht auf ein Treffen ein. Es gibt keinen richtigen Einsatz», meint der 42-Jährige.

Bei Winter, die seit sieben Jahren Single ist, kam es zwar zu Verabredungen, aber: «Ich bin online noch nie über das erste Date hinausgekommen. Unter anderem, weil ich dort selten jemanden getroffen habe, der mit seinem Leben zufrieden war.»

Benutzt du Dating-Apps?

Die Männer, sagt sie, ähnelten sich zudem oft optisch. «Mich erinnern sie an den Jungen von der Kinderschokolade, nur 40 Jahre später. Sie wirken nicht richtig erwachsen oder als seien sie mitten in einer Lebenskrise.»

Liebe ist auch Glückssache

Wer beim Online-Dating oft erlebt hat, wie sich Vorfreude in Enttäuschung verwandelt, kann «enormen Druck auf die Psyche» spüren. Das sagt die Psychotherapeutin Vera Schweiger.

«Oft sind viele Hoffnungen mit den Apps verbunden. Doch dann wird man abgeurteilt, plötzlich ignoriert. Wenn man ohnehin schon Angst vor Ablehnung aufgrund vergangener Erfahrungen hat, kann das solche Befürchtungen bestätigen», erklärt sie.

Junge Frau Krise
Online-Dating kann sehr belastend sein. - pexels

Hinzu kommt: So sehr wir es aus anderen Lebensbereichen gewohnt sind, lässt sich die Partnersuche nur begrenzt optimieren. Das perfekte Gegenüber kann man auch mit der x-ten Überarbeitung des eigenen Online-Dating-Profils nicht materialisieren.

«Wer sich darauf einlässt, sollte sich bewusst machen, dass es ein langer, anstrengender Weg sein kann. Dieser muss nicht unbedingt von Erfolg gekrönt sein», sagt Schweiger. Ein wenig wie beim Lotto kann man das schnelle Glück erleben – oder nie sechs Richtige haben.

«Das klingt für mich nach Arbeit»

Auch deshalb rät Schweiger dazu, den Apps nicht zu viel Raum zu geben. «Ich erlebe oft in der Beratung, dass die Menschen auf immer mehr Dates gehen. Die Dinge, die ihr Leben bereits erfüllen – Hobbys, Freunde, Familie – werden dafür vernachlässigt.»

Hast du viele Dates?

Weiter: «Dabei ist es leichter, mit Zurückweisung umzugehen, wenn ich mir mit anderen Lebensbereichen Erfolgserlebnisse hole. Etwa bei einem schönen Abend mit Freunden.»

Für Rike Schmidt (Name geändert) war das ein Grund, sich nach ihrer letzten Trennung erst gar keine Flirt-App zu installieren.

«Wenn mir Freunde und Kollegen von ihren Erlebnissen dort erzählen, denke ich: Fünf Dates in der Woche? Das ist doch Arbeit. Generell muss ich Menschen sehen, hören, spüren, um ein Gefühl zu entwickeln. Ich bestelle zum Beispiel auch keine Kleidung online», erzählt die 45-Jährige.

Eine Kollegin habe ihr sogar geraten, ausschliesslich Menschen über Apps zu treffen, die ihr nicht gefielen. Sonst werde sie sowieso enttäuscht.

Nichts aufschieben

Das schier endlose Angebot an potenziellen Partnern im Internet kann dazu verleiten, eigene Ziele und Wünsche aufzuschieben: Die Traumreise nach Thailand? Lieber erst, wenn jemand an meiner Seite ist. Der Tanzkurs? Allein doch doof.

Mann Bier Handy
Im Internet gibt es ein schier endloses Angepot an potenziellen Parterinnen und Partner – das kann überfordernd sein. - pexels

Schweiger sagt: «Solche Gedanken sind mit der Vorstellung verbunden: Wenn er oder sie erst da ist, wird mein Leben ganz anders. Dabei ist es viel sinnvoller, sich nicht auf die ferne Zukunft zu konzentrieren, sondern auf das Jetzt. Momentan bin ich Single, ja, aber wie nutze ich die Zeit für mich?»

Menschen, die das ewige Swipen beenden, kapitulieren nicht vor der Partnersuche. Womöglich haben sie schlicht realisiert, wie erfüllt ihr Leben bereits ist. Und dass man Menschen durchaus auf anderen Wegen kennenlernen kann.

«Neulich hob ich auf dem Nachhauseweg meine Arme, und ein Mann fragte mich: «Bist du ein Schmetterling?»», erzählt etwa Schmidt. Aus der Begegnung wurde keine Beziehung, die fand die 45-Jährige aber kurz darauf, beim Tanzen in einem Club.

«Die Apps erst einmal abdrehen»

Auch Winter hat ihre jüngsten «Affären», wie sie es nennt, alle offline getroffen: «in Bars, bei der Arbeit oder im Urlaub, ganz klassisch also». Und Herzog sagt mittlerweile von sich: «Ich habe eine gewisse Selbstliebe entwickelt und weiss, dass ich keine Beziehung brauche, um glücklich zu sein.»

Natürlich könnten Tinder und wie sie alle heissen das Leben durchaus bereichern, findet Psychotherapeutin Schweiger. Man lerne neue Menschen kennen, erlebe schöne Dinge.

«Doch wenn man merkt: Sie tun mir nicht gut, ich verfalle in unangenehme Verhaltensmuster, dann dreht man die Apps eben einmal ab.» Eine Absage an die Liebe ist das schliesslich nicht.

Kommentare

User #7319 (nicht angemeldet)

Ja warum denn.? Man liest es ja tagtäglich..! ..Falsche Lover.!

User #2049 (nicht angemeldet)

Die Polizei verbiedet das Handi am Steuer. Wer dazu mehr überlegen kann, merkt das Butler ein Dämon ist.

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