Dauernd am Handy und mit Kettenbriefen, Mobbing oder Pornografie konfrontiert - die Mehrheit der Eltern berichtet von schlechten Erfahrungen ihrer Kinder im Netz und fordert mehr gesetzlichen Schutz. Das Kinderhilfswerk macht ebenfalls Druck.
55 Prozent der Eltern berichten in einer Umfrage von schlechten Erfahrungen ihrer Kinder im Netz oder von übermässiger Nutzung. Foto: Tobias Hase/dpa
55 Prozent der Eltern berichten in einer Umfrage von schlechten Erfahrungen ihrer Kinder im Netz oder von übermässiger Nutzung. Foto: Tobias Hase/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Grossteil der Eltern in Deutschland wünscht sich einer Umfrage zufolge mehr Kinderschutz im Netz.

Die meisten Mütter oder Väter haben nach eigenen Angaben schon einmal mitbekommen, dass der Nachwuchs online schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Eltern berichtet in einer repräsentativen Befragung, die das Deutsche Kinderhilfswerk veröffentlichte, von einem «übermässigen Medienkonsum» ihres Kindes oder von Erfahrungen mit Kettenbriefen, Mobbing, Gewaltdarstellungen oder Pornografie.

Das Kinderhilfswerk forderte vor diesem Hintergrund schärfere Regeln für in- und ausländische Anbieter von Anwendungen, Spielen und Online-Inhalten und eine Anpassung des Kinder- und Jugendschutzes an die «aktuellen und zukünftigen Phänomene und Technologien», wie es in einer Mitteilung am Montag hiess.

Pläne dafür sind bereits in Arbeit: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte Ende vergangenen Jahres den Entwurf für ein entsprechendes «Jugendmedienschutzgesetz» vorgelegt, das möglichst noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll. «Wir modernisieren den Kinder- und Jugendmedienschutz. Das ist in der grossen Koalition vereinbart und wird von Bundesfamilienministerin Giffey umgesetzt», sagte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Katja Mast der Deutschen Presse-Agentur.

Konkret geplant ist, dass Anbieter, die mehr als eine Million Nutzer haben - wie TikTok, Instagram, WhatsApp oder Snapchat - zu technischen Vorsorgemassnahmen verpflichtet werden, damit Kinder und Jugendliche im Netz besser vor Mobbing, sexueller Anmache und auch Kostenfallen geschützt werden. Kommen die Anbieter dem nicht nach, sollen hohe Bussgelder drohen.

Die grosse Mehrheit der Eltern unterstützt das: 93 Prozent sind für härtere Strafen für Anbieter bei Verstössen gegen den Kinder- und Jugendschutz im Netz. Ebenso viele Eltern sprechen sich dafür aus, dass der Zugang zu bestimmten Medieninhalten durch eine verlässliche Altersprüfung beschränkt werden sollte - oft reicht im Netz nur der Klick auf einen «Ich bestätige, dass ich älter als 18 bin»-Button. Fast alle Eltern sind ausserdem dafür, dass Social-Media-Plattformen und Online-Anbieter ein «effizientes Melde- und Beschwerdesystem» einführen.

Der Umfrage zufolge bekommen es Kinder und Jugendliche besonders oft mit Kettenbriefen oder sogenannten Challenges zu tun (30 Prozent). In diesen wird den Empfängern beispielsweise gedroht, dass schlimme Dinge passieren, wenn sie die Nachricht nicht weiterleiten oder wenn sie eine bestimmte Aufgabe nicht erfüllen. Einen «übermässigen Medienkonsum» ihrer Kinder beklagen 28 Prozent der Eltern. Jeder fünfte Minderjährige hat nach Angaben seiner Eltern schon Erfahrungen mit «ungeeigneten Inhalten» wie Gewalt oder Pornografie gemacht.

Sexuelle Belästigung, sogenanntes Cybergrooming - also die gezielte Kontaktaufnahme von Minderjährigen durch Erwachsene im Netz mit dem Ziel möglichen Missbrauchs - oder Anleitungen zur Selbstverletzung kommen nach Angaben der Eltern relativ selten vor (4 bzw. 3 Prozent). Allerdings bleibt offen, wieviel die befragten Mütter und Väter von den Aktivitäten und negativen Erlebnissen ihrer Kinder im Netz wirklich mitbekommen. Das Kinderhilfswerk weist auf mögliche hohe Dunkelziffern hin.

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