Ein Jahr «Zeitenwende»: Olaf Scholz steht zunehmend in der Kritik
Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine kündigte Olaf Scholz eine «Zeitenwende» an. Seither ist mehr als ein Jahr vergangen – was ist passiert?

Das Wichtigste in Kürze
- Olaf Scholz kündigte nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs eine Aufrüstung der Bundeswehr an.
- Damals erhielt der deutsche Bundeskanzler viel Lob, nun steht er zunehmend in der Kritik.
- Vor allem der CDU/CSU-Fraktion geht die Modernisierung der Armee nicht schnell genug.
Am 27. Februar 2022 kündigt der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ein 100-Milliarden Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr an. Es ist eine Neuausrichtung der deutschen Sicherheitspolitik, Scholz spricht von einer «Zeitenwende». Die Welt sei nicht mehr dieselbe wie vorher, betont der SPD-Politiker.
Drei Tage zuvor hat Russland die Ukraine angegriffen. Was unvorstellbar schien, ein Krieg in Europa, ist eingetreten. Für seine Rede im Bundestag erhält Scholz viel Applaus, auch von der Opposition.
Ein Jahr seit der «Zeitenwende»
Seit dieser «Zeitenwende» ist mehr als ein Jahr vergangen, der Krieg herrscht noch immer. Was ist seither geschehen? Was wurde aus den Ankündigungen des Kanzlers?

Erst waren es Panzerfäuste und Stinger-Raketen. Heute sind es Schützen- und Kampfpanzer. Die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine sind in den vergangenen zwölf Monaten Schritt für Schritt ausgeweitet worden. Inzwischen hat Deutschland Militärhilfe im Wert von 2,6 Milliarden Euro für die Ukraine geleistet.
Kritik an Olaf Scholz wächst
Im eigenen Land sieht sich Scholz aber zunehmend mit Gegenwind konfrontiert: Die grösste Oppositionsfraktion aus CSU und CDU hat ihrem Unmut in den vergangenen Tagen schon ordentlich Luft gemacht. Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte zum Beispiel: «Aus einem Jahr Zeitenwende ist ein Jahr der Zeitenverschwendung geworden.»

Auch vielen anderen geht die Modernisierung der Bundeswehr nicht schnell genug. Von den 100 Milliarden Euro Sondervermögen ist laut Finanzministerium 2022 noch kein Cent ausgegeben worden. Das Verteidigungsministerium weist allerdings darauf hin, dass rund 30 Milliarden Euro bereits verplant seien. «Wir sind an die Regularien und Gesetze gebunden und dürfen erst zahlen, wenn die Leistung erbracht ist», heisst es.
Es wird heftig darüber gestritten, ob und inwieweit der reguläre Wehretat noch einmal deutlich angehoben werden muss. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält das für notwendig, Grüne und Teile der SPD sehen das anders.