Ein Jahr «Zeitenwende»: Union zieht kritische Bilanz

DPA
DPA

Deutschland,

«Wow», denkt Jens Spahn nach eigener Aussage, als er vor einem Jahr die Kanzler-Rede zur «Zeitenwende» hört. Doch nun sehen er und andere CDU-Politiker eine Kluft zwischen Ankündigungen und Ergebnissen.

«Die richtigen Worte aus der Rede von Scholz wurden nicht in ein politisches Programm umgesetzt», sagt CDU-Aussenexperte Roderich Kiesewetter ein Jahr nach der «Zeitenwende»-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag.
«Die richtigen Worte aus der Rede von Scholz wurden nicht in ein politisches Programm umgesetzt», sagt CDU-Aussenexperte Roderich Kiesewetter ein Jahr nach der «Zeitenwende»-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag. - Wolfgang Kumm/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Jahr nach der «Zeitenwende»-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag hält die oppositionelle CDU ihm verpasste Chancen vor.

«Die richtigen Worte aus der Rede von Scholz wurden nicht in ein politisches Programm umgesetzt», sagte der CDU-Aussenexperte Roderich Kiesewetter der «Augsburger Allgemeinen».

Scholz hatte wenige Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine einen Richtungswechsel in der deutschen Aussen- und Sicherheitspolitik und ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen zur Modernisierung der Bundeswehr angekündigt.

Spahn: «Der Kanzler bricht seine Versprechen»

«Die Bundeswehr hat ungeheure Defizite und die Zeitenwende hat bei ihr bislang noch gar nicht begonnen», sagte Kiesewetter. «Die Truppe hat ein Jahr verloren und ist nun blanker als Anfang 2022.» Kiesewetter bezieht sich damit auf einen Social-Media-Post von Heeresinspekteur Alfons Mais, der am Tag des Kriegsbeginns geschrieben hatte: «Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.»

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte der «Neuen Westfälischen», die Rede des Kanzlers sei grundsätzlich richtig gewesen. «Ich dachte an dem Tag: Wow, das kann diese Kanzlerschaft prägen», erinnert sich Spahn. «Leider hat die Bundesregierung die Flughöhe schon am Folgetag nicht mehr gehalten. Der Kanzler bricht seine Versprechen.» Von dem Bundeswehr-Sondervermögen sei bisher «so gut wie nichts verplant» worden.

Laut Kiesewetter ging Scholz bei seiner Rede davon aus, dass russische Truppen die Ukraine innerhalb weniger Tage erobern könnten und «dann an der polnischen Grenze stehen». Doch es sei anders gekommen. «Als man merkte, dass die Ukraine sich erfolgreich zu Wehr setzte, erlahmte dieser Schwung sofort.»

Esken: «Deutschland wird verteidigungspolitisch reifen»

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wies die Vorwürfe in der «Augsburger Allgemeinen» zurück. Die Kanzler-Rede «enthielt ein klares Signal an unsere wichtigsten Verbündeten: Deutschland wird verteidigungspolitisch reifen», sagte sie. In schnelllebigen Zeiten werde dann verlangt, dass sich dieser Prozess «in Echtzeit» abspiele. «Gerade in der Verteidigungspolitik muss aber ein Teil abseits der Öffentlichkeit geschehen, auch wenn ich verstehen kann, dass der ein oder andere ein Problem damit hat», sagte Esken.

Aus dem Sondervermögen wurden im Haushaltsjahr 2022 keine Mittel verwendet, allerdings sind laut Verteidigungsministerium inzwischen rund 30 Milliarden Euro verplant. Die Rüstungsindustrie beschwerte sich mehrfach über die schleppende Auftragsvergabe.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte gestern in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin» an, dass die Rüstungsfirmen künftig Abschlagszahlungen für Aufträge erhalten sollen und nicht erst bei Lieferung bezahlt wird. «Das machen wir jetzt in Zukunft. Einfach auch, um zu dokumentieren, dass Geld abfliesst», sagte Pistorius.

Mehr zum Thema:

Kommentare

Weiterlesen

Donald Trump Epstein Akten
408 Interaktionen
«Ist gewählt»
a
Beim Paragliding

MEHR IN NEWS

Viele Verletzte
Gurtenfestival
Gurtenfestival
Netflix
1 Interaktionen
Mehr Nutzer
fico
1 Interaktionen
Nun doch

MEHR AUS DEUTSCHLAND

Wolken
Stille Epidemie
Sendung «Immer wieder sonntags»
8 Interaktionen
Kritik
Bundestag
3 Interaktionen
Krise nach AfD-Plan?
Brosius-Gersdorf spd cdu
7 Interaktionen
Nach Richterwahl