Nagelprobe Corona-Krise: Wenn es um digitales Lernen geht, liegen deutsche Schulen laut einer Studie im Vergleich zu anderen Ländern ganz weit hinten. Die OECD erteilt dem hiesigen Bildungssystem allerdings gute Noten.
Schüler einer 3. Klasse sitzen während eines Presserundgangs in einem Klassenzimmer der Grundschule Georgius Agricola vor einem Laptop. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa
Schüler einer 3. Klasse sitzen während eines Presserundgangs in einem Klassenzimmer der Grundschule Georgius Agricola vor einem Laptop. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Den Schulen in Deutschland ist der Übergang zum Online-Unterricht in der Coronakrise in einem internationalen Vergleich schwerer gefallen als in anderen Ländern.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter Eltern in Deutschland, Australien, Grossbritannien, Italien, Kanada, Mexiko und Singapur im Auftrag des Technologieunternehmens Citrix. Danach lief nur bei jedem zehnten Schüler in Deutschland (10 Prozent) der Wechsel zum Online-Unterricht reibungslos.

Deutschland landete im Vergleich mit den anderen sechs Ländern auf dem letzten Platz. Aber selbst in Singapur, dem Land mit dem besten Wert, berichteten nur 30 Prozent von einem problemlosen Übergang zum Online-Unterricht, gefolgt von Australien (25 Prozent), Mexiko und Grossbritannien (jeweils 19 Prozent) sowie Kanada (16 Prozent) und Italien mit 14 Prozent.

In Deutschland meinten 50 Prozent der befragten Eltern, die Schulen seien gar nicht vorbereitet gewesen. Deshalb sei der Fernunterricht während der Krise auch nur provisorisch durchgeführt worden. Immerhin 38 Prozent der Eltern meinten, die Schulen ihrer Kinder seien «hinreichend vorbereitet» gewesen, weil beispielsweise bereits einige Systeme für den Fernunterricht im Einsatz gewesen seien.

In der Umfrage benannten die Eltern auch die Bereiche, in denen ihrer Meinung nach Verbesserungsbedarf besteht: Ganz oben steht eine Lehrerfortbildung für Fernunterricht (53 Prozent), eine bessere Organisation des Fernunterrichts (48 Prozent) und mehr direkte Interaktion mit Lehrkräften über Video (45 Prozent). 20 Prozent der Eltern denken jedoch, dass Online-Unterricht generell schlecht für ihre Kinder ist.

Unter den befragten Studierenden spricht sich fast die Hälfte (49 Prozent) für ein hybrides Modell aus Präsenz- und Online-Veranstaltungen aus. 12 Prozent würden gerne ihr gesamtes Studium nach der Corona-Krise online fortsetzen.

Unterdessen gibt es auch gute gute Noten für das Bildungssystem. Im jährlichen Bericht «Bildung auf einen Blick» der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), in dem die Bildungssysteme der OECD- und anderer Länder miteinander verglichen werden, wird dabei besonders die deutsche Berufsausbildung hervorgehoben. Das System stelle eine hohe Beschäftigungsfähigkeit sicher und werde eine Schlüsselrolle in der Erholungsphase nach der Corona-Krise spielen, heisst es.

Die eigentliche Stärke in Deutschland sei das Zusammenspiel zwischen schulischem und betrieblichem Lernen, sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher am Dienstag. Im Durchschnitt entscheiden sich in Deutschland dem Bericht zufolge 46 Prozent aller Schülerinnen und Schüler der oberen Klassenstufen für einen berufsbildenden Weg.

Positive Noten bekommt Deutschland auch für die frühkindliche Bildung: In Deutschland kommen demnach auf jede pädagogische Fachkraft, die in diesem Bereich arbeitet, fünf Kinder, gegenüber sieben Kindern im Durchschnitt der OECD-Länder. 2018 besuchten in Deutschland 41 Prozent der Einjährigen Einrichtungen wie Krippen oder eine Kindertagespflege. Damit liegt Deutschland deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 34 Prozent. Bei den Zweijährigen waren es sogar 67 Prozent (21 Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt).

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