Tierschützerin Susy Utzinger wird beim Gassigehen verletzt

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Winterthur Stadt,

Tierschützerin Susy Utzinger knallte bei einem Spaziergang mit ihrem Schäferhund auf den Boden. Sie nutzt den Unfall, um ein Tabu zu brechen.

Hund
Mehrere Wochen musste Tierschützerin Susy Utzinger eine Orthese tragen. - Facebook

Das Wichtigste in Kürze

  • «Ich flog wirklich durch die Luft», sagt Tierschützerin Susy Utzinger.
  • Zum Unfall kam es, weil ihr Hund einem Reh nachjagen wollte.
  • Jetzt packen auch andere Hündeler mit ihren Gassi-Unfällen aus.

Langsam geht es bei Susy Utzinger wieder aufwärts. «Die Orthese durfte ich kürzlich ausziehen», sagt die Zürcher Tierschützerin. Es sei eine schmerzhafte Zeit gewesen. «Mit der Schulter geht es jetzt viel besser», sagt sie erleichtert.

Am 10. Mai verunfallte sie beim Gassigehen in Ungarn. Dort leitet die Geschäftsleiterin der «Susy Utzinger Stiftung» einige Tierschutzprojekte. Morgens um acht Uhr führte sie ihren Schäferhund Odin bei den Feldern etwas ausserhalb des kleinen Dorfs Muraszemenye aus.

«Ich machte den Spaziergang etwas früher als üblich, da ich am selben Tag in die Schweiz zurückreisen wollte», sagt Utzinger. Plötzlich sei hinter einem kleinen Busch ein Rehbock aufgetaucht. «Der Rehbock hob den Kopf und düste ab – und Odin auch», erinnert sie sich.

«Wollte nicht, dass Odi das Reh reisst»

Zurückziehen konnte Utzinger den vierjährigen Schäferhund an der zehn Meter langen Schleppleine nicht mehr. «Ich flog wirklich durch die Luft.» Der 30 Kilo schwere Hund habe in diesen zehn Metern Zeit gehabt, Fahrt aufzunehmen.

Die Leine loszulassen, kam für Utzinger nicht infrage. «Ich wollte nicht, dass Odin das Reh reisst.»

Sind Hundehalter zu schnell in der Kritik?

Nach der unsanften Landung schaffte es die Tierschützerin, zum Auto zu humpeln. Eine Nachbarin habe sie danach ins Spital in Ungarn gefahren, sagt sie.

Die Diagnose: Gehirnerschütterung, Hüftprellung, gerissene Schulterbänder plus Muskelrisse in der Schulter. «Am gleichen Tag fuhren Freunde von mir in der Schweiz los und holten mich ab.»

In der Schulthess Klinik in Zürich liess sich Utzinger ihre Schulter operieren. Nach einem zweitägigen Spitalaufenthalt konnte sie nach Hause.

«Ein Tabuthema»

Vor einigen Tagen berichtete Utzinger auch auf Facebook über ihren Unfall.

Es sei wichtig, darüber zu reden, sagt sie zu Nau.ch. «Denn Unfälle beim Spazieren mit Hunden sind ein Tabuthema.» Als Hündeler und erst recht als Hundetrainer bekomme man schnell zu hören, den Hund nicht im Griff zu haben.

Dabei kann laut Utzinger auch der besttrainierte Hund unberechenbar reagieren. «Den Jagdtrieb kann man einem Hund nicht nehmen», betont sie. «Aber man kann seinen Appell trainieren und sein Verhalten umlenken.» Dennoch bleibe ein Restrisiko.

Ihren Schäferhund adoptierte Utzinger 2021 in Ungarn. Abgemagert und angekettet an einem Baum liess ihn jemand zurück. «Es ist klar, dass ich nicht die einfachsten Hunde übernehme», sagt sie. Aber dank der Trainings gehorche er immer besser.

«Verbrannte meine ganze Hand»

Unter dem Facebook-Post wünschen zahlreiche User der Tierschützerin gute Besserung. Einige Hündelerinnen packen aber auch mit eigenen Hunde-Unfällen aus.

«Wie viele Male bin ich schon sprichwörtlich hinter Ben hergeflogen, weil meine Jagdkanone abhaute», berichtet ein Frauchen. «Zum Glück habe ich bis jetzt nur Prellungen und Zerrungen gehabt und eine Frozen Shoulder.»

Sie habe ihren Tageshund an einer Fixleine gehalten, berichte eine Hundesitterin. Als dieser gerannt sei, habe sie ihn zurückziehen wollen. «Dabei verbrannte ich meine ganze Hand.»

Eine Hündelerin verrät, sie habe sich vor ein paar Jahren die Hände aufgeschürft und die Schultersehne angerissen. «Wegen eines Eichhörnchens.»

«Heimtückisches Ding»

Ein weiteres Frauchen «kann mitfühlen».

Vor zwei Jahren sei eine Katze hinter einem Grasbüschel aufgetaucht, schreibt sie. Ihr Hund habe diese schon gerochen und sei losgerannt. «Ich dachte nur: ‹Nicht loslassen, auf keinen Fall loslassen – und zack haute es mich um.» Dabei brach sie sich den Arm.

Eine Hundebesitzerin bezeichnet die Schleppleine als «heimtückisches Ding». Utzingers Unfall erinnere sie daran, «wie ich geflogen bin und Finger links gebrochen habe».

Eine Hündelerin zog sich wegen einer Schleppleine einen Wadenbeinspiralbruch zu. «Weil der 14 Monate junge Rottie mit seiner Flamme spielen wollte», berichtet sie.

Dabei habe sie die Schleppleine um den Bauch gebunden. «Er zog an, es waren nur fünf Meter Spielraum.»

«Herzerwärmende Erfahrung»

Arbeiten kann Utzinger zurzeit noch nicht voll. In ihrem Facebook-Post bedankt sie sich für die Unterstützung, als sie auf Hilfe angewiesen war.

«Vielen, vielen herzlichen Dank an alle, die mich herumgefahren, mir die Füsse gewaschen und die Haare hochgebunden haben», schreibt sie. Weiter bedankt sie sich für alle, die «für mich gekocht, geputzt und mir beim An- und Ausziehen geholfen haben».

Ihren Dank richtet sie auch an alle, die spontan Zusatzaufgaben übernommen und Pläne geändert hätten. «Das und noch viel mehr war eine wunderbare und herzerwärmende Erfahrung!» Dies treffe neben den ganzen äusserst schmerzhaften und negativen Seiten dieser Zeit zu.

Viele dieser Menschen hätte geantwortet, dass ihre Hilfe doch selbstverständlich sei, sagt Utzinger zu Nau.ch. «Ich finde das aber nicht und freue mich von Herzen.»

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Kommentare

User #7774 (nicht angemeldet)

An den dummen Kommentaren sieht man, wie viele das unterschätzen. Wenn der Hund mit ca. 25 km/h an der 10 m Schleppleine rennt und abrupt am Ende der Leine gestoppt wird, dann wirkt auf den Hundehalter kurzfristig eine Kraft von über 1.000 N (entspricht etwa dem Gewicht einer 100 kg schweren Masse). - Wie ein Boxer, der dich ordentlich mit der Faust trifft – nicht der brutalste KO-Schlag, aber kräftig genug, um dich umzureißen oder ernsthaft zu verletzen, wenn du nicht vorbereitet bist.

User #4444 (nicht angemeldet)

Ich fürchte den Tag, an dem die Technologie unsere Menschlichkeit überholt. Die Welt wird dann eine Generation von Idi*ten sein. Albert Einstein

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