Deutscher «Querdenken»-Gründer von Betrugsvorwurf freigesprochen
Das Landgericht Stuttgart sprach den «Querdenken»-Initiator Michael Ballweg vom Betrugsvorwurf frei, verurteilte ihn jedoch wegen Steuerhinterziehung.

Ein Prozess gegen den Initiator der «Querdenken»-Bewegung in Deutschland, Michael Ballweg, ist mit einem teilweisen Freispruch zu Ende gegangen. Das Landgericht Stuttgart sprach Ballweg vom Vorwurf des Betrugs frei, sprach ihn aber zugleich wegen Steuerhinterziehung schuldig – und verwarnte ihn. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig.
Ballweg musste sich seit Herbst 2024 vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, über öffentliche Spendenaufrufe mehr als eine Million Euro für «Querdenken» eingeworben und dabei die Unterstützer über die tatsächliche Verwendung der Gelder in die Irre geführt zu haben. Mehr als eine halbe Million Euro soll er demnach für private Zwecke verwendet haben. Belegt sind laut Akten Ausgaben für «Querdenken» in Höhe von 843'111,68 Euro für die Bewegung.
Ballweg war während der Corona-Pandemie zu einer zentralen Figur von regierungskritischen Protesten geworden. Die von ihm gegründete «Querdenken»-Bewegung formierte sich 2020 in Stuttgart als Reaktion auf die staatlichen Schutzmassnahmen. Binnen kurzer Zeit breitete sie sich deutschlandweit aus – an den Demonstrationen nahmen neben Impfgegnern auch Esoteriker, Anhänger von Verschwörungstheorien und Vertreter rechtsextremer Gruppen teil. Es gab auch Angriffe auf Polizisten und Medienvertreter.
Anklage forderte drei Jahre Haft
Ballwegs Verteidiger wiesen die Anschuldigungen von Beginn an entschieden zurück. Der Unternehmer selbst erklärte, er habe mit seiner Initiative sogar rund 80'000 Euro Verlust gemacht. Bereits im Frühjahr hatte das Gericht eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit vorgeschlagen. Die Richter verwiesen darauf, dass man Ballweg keinen Vorsatz nachweisen könne. Die Staatsanwaltschaft lehnte den Vorschlag jedoch ab.
In ihrem Plädoyer in der vergangenen Woche forderte die Anklage eine dreijährige Freiheitsstrafe sowie die Einziehung von mehr als einer halben Million Euro – jenem Betrag, den Ballweg laut Anklage zweckwidrig verwendet haben soll. Die Verteidiger plädierten hingegen auf Freispruch und beantragten zudem eine Entschädigung für Ballwegs Zeit im Gefängnis.
Galionsfigur der Protestbewegung
Wegen der laufenden Ermittlungen sass Ballweg ab Juni 2022 mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Justiz hatte dies mit Fluchtgefahr begründet. Unterstützer versammelten sich regelmässig vor der Haftanstalt, um seine Freilassung zu fordern. Im April 2023 kam Ballweg auf freien Fuss.