Deshalb nimmt Putin gerade Dänemark ins Visier
Russland provoziert mit Drohnen im dänischen Luftraum. Dänemark kontrolliert wichtige Meerengen und steht klar hinter der Ukraine im Abwehrkrieg

Das Wichtigste in Kürze
- Russland hat Dänemark mit seinen Drohnen ins Visier genommen.
- Grund dafür sind die Meerengen zwischen Ost- und Nordsee, sowie die Ukraine-Hilfen.
- Laut einer Expertin will Moskau Angst säen und die Ukraine-Unterstützung brechen.
Russland provoziert den Westen ständig. Neu ist Dänemark ins Visier von Kremlchef Wladimir Putin geraten: Zuerst tauchten Drohnen in der Nähe der Flughäfen von Aalborg und Kopenhagen auf, dann über der grössten Militärbasis Karup. Doch weshalb provoziert Moskau gerade in Dänemark?
Zum einen ist da die Geografie: Dänemark kontrolliert die wichtigen Meerengen, die die Ostsee mit der Nordsee verbindet. Will Russland also mit Schiffen von Kaliningrad oder Sankt Petersburg in den Atlantik, geht es nur über Dänemark. Auch Schweden, ein weiterer Ostsee-Anrainer, wurde in der Vergangenheit immer wieder Opfer russischer Luftraumverstösse.
Die Stiftung «Wissenschaft und Politik» schreibt in einer Studie, dass der Ostseeraum ein Teil von Putins Europastrategie sei. Moskau wolle einen «Wirtschafts- und Sicherheitsraum» von Atlantik bis Pazifik errichten und eine zentrale, kontrollierende Position einnehmen.
Ostsee-Experte Oliver Moody sieht in seinem neuen Buch etwas Grösseres dahinter als bloss Geopolitik: Es gebe um einen «generationenübergreifenden Wettstreit auf jeder denkbaren Ebene» zwischen dem Westen und Russland. Er umfasse neben Energie und Wirtschaft auch Parlamente und soziale Netzwerke.
Und in diesem Wettstreit gibt es zwei Dreh- und Angelpunkte, argumentiert Moody: die Ukraine und der Ostseeraum.
Ukraine baut Waffenfabrik in Dänemark auf
Beim Dreh- und Angelpunkt Ostseeraum ist Dänemark wegen seiner Lage stark involviert. Und auch bei der Ukraine spielt das 6-Millionen-Einwohner-Land eine wichtige Rolle: Laut dem «Institut für Weltwirtschaft» schickte Dänemark seit Kriegsausbruch Güter und Finanzhilfen im Wert von 12,1 Milliarden Euro nach Kiew. Pro Kopf ist das Land demnach der wichtigste Unterstützer der Ukraine.
Demnächst will die Ukraine sogar ihre erste Waffenfabrik im Westen in Dänemark eröffnen. Sie wird in der Nähe des Luftwaffenstützpunkt Skydstrup aufgebaut. Und genau dieser Stützpunkt war ebenfalls Ziel der russischen Drohnen.
Die deutsche «Bild» spekuliert, dass Putin die Dänen deswegen bestrafen und Angst sähen will. Er könnte die Einwohner dazu bringen, die Hilfen für die Ukraine zu hinterfragen, wenn sie sich deswegen unsicher fühlen.
Expertin: «Die Russen wollen überraschen»
Auch politisch spielt Dänemark aktuell eine wichtige Rolle, es hat den Vorsitz der EU-Staaten inne. Nächste Woche kommen dort Staats- und Regierungschefs der EU zu einem informellen Gipfel zusammen. Es wird auch zu Beratungen mit Vertretern der EU-Anrainerstaaten kommen. Ein wichtiges Thema bei den Treffen werden die Hilfen für die Ukraine und mögliche weitere Sanktionen für Russland sein.
Kristi Raik vom «International Centre for Defence and Security» sagt der Zeitung «NRC Handelsblad»: «Die Russen wollen überraschen.» Die vermehrten Provokationen gehen darauf zurück, dass der Ukraine-Krieg nicht im Sinne Russlands verlaufe. «Er steckt sowohl militärisch als auch diplomatisch fest.»
Deshalb versuche Moskau jetzt, den Druck auf die Verbündeten der Ukraine zu erhöhen, indem in Europa Angst gesät werde. «Auf diese Weise versucht der Kreml, die Unterstützung für die Ukraine zu brechen.»