Grindelwaldner «haben genug» von den Touristen
In Grindelwald übernachten jede Nacht gleich viele Touristen wie Einheimische. Diesen reicht es, sie geben aber zu bedenken, dass man auf Gäste angewiesen sei

Das Wichtigste in Kürze
- Jedes Jahr strömen Tausende Touristen nach Grindelwald und es könnten noch mehr werden.
- Die Einheimischen klagen über Autos, Abfall, steigende Wohnpreise und Fotojagden.
- Er habe genug, sagt ein Bauer. «Wir sind wie in Disneyland.
Täglich 4000 Gäste schlafen im 4300-Einwohner Dorf Grindelwald BE. Hinzu kommen unzählige Tagestouristen in der beliebten Destination im Berner Oberland. Und es sollen noch mehr werden.
Die Konzession der Firstbahn läuft aus, eine neue Bahn mit grösseren Gondeln soll bald die Leute befördern. Oben wartet das «Top of Adventure» mit Action und Selfie-Spots – fast eine Million Menschen besuchen es jährlich.
Die alte Talstation lag rund 750 Meter vom Bahnhof entfernt, die neue soll gleich daneben sein. Gemeindepräsident Beat Bucher spricht gegenüber «SRF» von einer bequemeren Anreise, zudem wolle man schliesslich sehen, was neu sei. «Klar gibt es mehr Leute», sagt er, hofft aber, dass mehr Gäste mit dem ÖV anreisen.
Ebenfalls beim Bahnhof soll auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Regina ein neues Resort mit 700 Betten entstehen. Dabei fehlt es auch in Grindelwald an Wohnungen für Einheimische. Viele ziehen weg, weil die Preise steigen. Ein Problem, das von Airbnb verschärft wird.
Bucher betont, dass die Einheimischen am Ursprung dieses Problems stünden: Sie seien es, die Liegenschaften zum höchsten Preis vermieteten oder verkauften. Und die Kunden seien dann halt oft Auswärtige.
Doch die Grindelwaldner leiden unter dem Tourismus. Stefan Forster, Tourismus-Professor an der ZHAW, sagt: «Viele Gäste glauben, der Bauer, der hier die Wiese mäht, sei Teil der Inszenierung, sei vom Tourismusbüro angestellt.» Die Lebensrealität der Einheimischen verkomme für Gäste aus Millionenstädten zur Kulisse.
Gemeindepräsident: «Wie viel Tourismus verträgt Grindelwald?»
Es ist etwas, das Bauer Simon Meyer, der am Rand von Grindelwald lebt, spürt: «Die Leute kommen mit dem Auto hierher, parkieren irgendwo und machen nur Fotos, wir sind wie Disneyland.» Auf seinem Hof würden sie das Fahrzeug hinstellen, Abfall auf dem Feld hinterlassen. «Wir haben genug.»
Seine Frau Erika sagt, sie gehe nicht mehr gerne ins Dorf. «Es hat zu viele Leute.» Das würden viele Einheimische sagen.
Auch Gemeindepräsident Bucher warnt, dass die Schmerzensgrenze erreicht sei. «Wie viel Tourismus verträgt Grindelwald? Bis jetzt habe ich keine Antwort.»
Hans Schlunegger lebt seit Jahrzehnten in Grindelwald. In seinen Garten setzten sich auch schon Touristen, jetzt schützt er den Zugang mit einer Absperrkette. Dennoch sagt er: «Wir sind auf den Tourismus angewiesen, nicht zu 90, sondern zu 100 Prozent.»