Grosser Vorsprung der Unionsparteien, historische Schlappen für die SPD und eine triumphierende AfD.
Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, kommt zu der Wahlparty im Landtag. Foto: Peter Kneffel/dpa
Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, kommt zu der Wahlparty im Landtag. Foto: Peter Kneffel/dpa - sda - Keystone/dpa/Peter Kneffel

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind CSU und CDU stärkste Kraft geworden.
  • Die SPD verbucht latu Hochrechnungen in beiden Ländern historisch schlechte Ergebnisse.
  • Deutlich stärker als vor fünf Jahren ist dagegen die rechte AfD.
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Bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind CSU und CDU stärkste Kraft geworden. Die SPD verbucht laut Hochrechnungen von ARD und ZDF am Sonntag bei beiden Abstimmungen historisch schlechte Ergebnisse.

Deutlich stärker als vor fünf Jahren ist dagegen die rechte AfD. Die Grünen verlieren, und die FDP stürzt dramatisch ab: In Bayern fliegt sie aus dem Landtag, in Hessen bleibt sie nur äusserst knapp drin. Die Linke schafft es in keines der Parlamente.

In beiden Ländern könnten die Regierungsbündnisse ihre Arbeit fortsetzen: in München die CSU mit den Freien Wählern und in Wiesbaden die CDU mit den Grünen. Die Freien Wähler gewinnen bei den Abstimmungen hinzu, in Bayern erringen sie zudem ihre bundesweit ersten Direktmandate.

Bayerns SPD fährt schlechtestes Ergebnis ein

In Bayern kommt die CSU von Ministerpräsident Markus Söder nach dem vorläufigen Ergebnis auf 37,0 Prozent. Damit rutscht die Partei, die im Freistaat seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, noch unter ihr desaströses Ergebnis von 2018 (37,2 Prozent). Schon damals war sie um mehr als zehn Punkte abgestürzt.

Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger verbessern sich deutlich auf 15,8 Prozent (2018: 11,6). Die Grünen verlieren nach ihrem Rekordergebnis von 2018 (17,6) am stärksten und kommen auf 14,4 Prozent.

Die AfD gewinnt mit 14,6 Prozent (10,2) am stärksten dazu. Die SPD erreicht dagegen nur magere 8,4 Prozent (9,7) – ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bayern-Wahl überhaupt. Die FDP verpasst mit 3,0 Prozent den Einzug ins Parlament (5,1). Die Wahlbeteiligung wird mit 73,3 angegeben (72,4).

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Die CSU erhält 85 Sitze im bayerischen Landtag. Die Freien Wähler kommen auf 37 Sitze. Die Grünen erhalten 32 Mandate, die AfD bekommt ebensoviele und die SPD 17.

Söder sieht sich trotz des eher schwachen Ergebnisses einen klaren Regierungsauftrag für seine CSU. Er kündigte an, die Koalition mit den Freien Wählern fortsetzen zu wollen – den Grünen erteilte er eine Absage. Freie Wähler-Chef Aiwanger sagte, man wolle keine Unklarheiten aufkommen lassen, sondern innerhalb weniger Tage «klar Schiff» machen.

Der Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann äusserte sich trotz der leichten Verluste zufrieden. Er warf Söder vor, faktisch den Populismus wieder nach Bayern gebracht zu haben, «was auch die AfD gestärkt hat».

Rheins CDU triumphiert in Hessen

In Hessen steigert sich die CDU von Ministerpräsident Boris Rhein dem vorläufigen Ergebnis zufolge auf 34,6 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser an der Spitze verbucht mit 15,1 Prozent (19,8) ein historisch schlechtes Ergebnis. Die mitregierenden Grünen von Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir verlieren ebenfalls deutlich und landen bei 14,8 (19,8).

Die AfD gewinnt deutlich hinzu und kommt auf 18,4 Prozent (13,1). Die FDP schafft den Verbleib im Landtag mit genau 5,0 Prozent nur äussert knapp. Die Linke rutscht auf 3,1 Prozent (6,3) und muss das Parlament verlassen. Die Freien Wähler kommen auf 3,5 Prozent (3,0). Die Wahlbeteiligung wird mit 66,0 Prozent angegeben – weniger als 2018 mit 67,3 Prozent.

Die seit fast 25 Jahren regierende CDU erhält demnach 52 Sitze (+12), die AfD 28 (+9). Die SPD kommt auf 23 Sitze (-6), die Grünen haben 22 Abgeordnete (-7). Die FDP hat noch 8 Sitze (-3). Damit wäre eine Fortsetzung der seit knapp zehn Jahren amtierenden schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine grosse Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.

Für die AfD ist es das beste Wahlergebnis in einem westdeutschen Bundesland. Die rechte Partei stellt damit die stärkste Oppositionsfraktion.

CDU: «Klarer Regierungsauftrag» für Hessen

Ministerpräsident Rhein sieht einen «klaren Regierungsauftrag» für seine CDU. «Wir werden eine Regierung bilden aus der Mitte dieser Gesellschaft, aus der Mitte des Landes», sagte er. Hessens CDU-Fraktionsvorsitzende Ines Claus kündigte an, «allen demokratischen Fraktionen» Sondierungsgespräche anzubieten.

Grünen-Spitzenkandidat Al-Wazir zeigte sich offen für eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition. Die Wahl zeige, dass es in Hessen keine Wechselstimmung gebe.

Die hessische SPD-Spitzenkandidatin Faeser sagte: «Wir hatten viel Gegenwind, wir haben es in den Umfragen gesehen. Deswegen ist es auch nicht ganz so überraschend, aber trotzdem sehr enttäuschend.» Faeser hatte vor der Wahl klargestellt, nur dann aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln, wenn sie Ministerpräsidentin wird.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser verlässt die Sitzung des Innenausschusses in Berlin.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verlässt die Sitzung des Innenausschusses in Berlin. - Britta Pedersen/dpa

Die Schlappe der hessischen Sozialdemokraten macht das nun höchst unwahrscheinlich. Nach Daten der Forschungsgruppe Wahlen hatte Faeser das schlechteste Image eines SPD-Kandidaten überhaupt bei einer Landtagswahl. Auch als Bundesinnenministerin könnte sie jetzt angezählt sein.

Sie selbst äusserte sich zuversichtlich, ihr Amt in der Bundesregierung behalten zu können. «Ich habe sehr viel Solidarität heute aus Berlin erhalten», sagte sie auf die Frage, ob sie Ministerin bleiben könne. Zuvor hatten mehrere SPD-Spitzenpolitiker Faeser den Rücken gestärkt.

Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP im Minus

Bei beiden Abstimmungen müssen die drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP Verluste hinnehmen – allerdings in unterschiedlichem Mass. Auch auf Bundesebene hätte das Bündnis von Kanzler Olaf Scholz (SPD) Umfragen zufolge derzeit keine Mehrheit.

SPD-Bundesvorsitzender Lars Klingbeil räumte das schlechte Abschneiden seiner Partei ein. «Das sind zwei Niederlagen für die SPD», sagte er in der ARD. Die Ergebnisse seien landespolitisch geprägt, aber auch «ein Signal an die drei Ampel-Parteien, dass es ein anderes Tempo braucht, wenn es darum geht, die Probleme der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu lösen».

Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang sprach trotz Einbussen ihrer Partei in beiden Bundesländern von stabilen Ergebnissen – «auch wenn es nicht das ist, was wir uns vielleicht gewünscht hätten», sagte sie im ZDF.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai reagierte kurz angebunden auf das schlechte Abschneiden. «Aus Sicht der FDP sind die derzeit vorliegenden Zahlen aus Bayern enttäuschend. In Hessen bleibt es spannend», sagte er in Berlin.

CDU-Chef Friedrich Merz gratulierte Söder und Rhein. In Bayern könne die «erfolgreiche bürgerliche Koalition» fortgeführt werden, schrieb er auf X, vormals Twitter. In Hessen habe Rhein ein sensationelles Ergebnis erzielt. «Wenn wir diesen Weg alle gemeinsam weitergehen, ist das Ampel-Chaos spätestens zur Bundestagswahl 2025 beendet.»

AfD sieht Wahlerfolg als Unzufriedenheit der Menschen

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel zeigte sich hocherfreut. Sie wertete die Stärke ihrer Partei auch als Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen mit der «Verbotspolitik» der Bundesregierung. Mit Blick auf den Bund sprach sie von einer realistischen Chance auf eine Regierungsbeteiligung 2025.

CSU-Chef Söder sieht in den Ergebnissen – insbesondere den AfD-Gewinnen – den Auftrag für eine andere Migrationspolitik. «Die Folgen heissen für mich – und das ist das Wichtigste überhaupt aus diesem Wahlergebnis – die nationale Aufgabe, die Migrationspolitik zu einer Wende zu führen, zu einem Pakt gegen unkontrollierte Zuwanderung», sagte er im ZDF-«heute journal».

Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD, traut sich eine Kanzlerkandidatur zu.
Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD, traut sich eine Kanzlerkandidatur zu. - Kay Nietfeld/dpa

Die Linke-Parteivorsitzende Janine Wissler sprach von einem «bitteren Abend». Immens geschadet hätten auch die Spekulationen über eine Parteineugründung durch die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. «Natürlich ist das ein Problem».

Insgesamt stimmberechtigt waren in beiden Bundesländern rund 13,7 Millionen Menschen – gut ein Fünftel aller Wahlberechtigten bundesweit. Deswegen gelten die Abstimmungen als wichtiger Indikator für die bundespolitische Lage.

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