Die WHO will keine dritten Impfungen gegen das Coronavirus, solange arme Länder noch auf die erste Dosis warten. In Israel findet sie damit aber kein Gehör.
Impfung Coronavirus
Auf Martinique sind erst rund 16 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. - dpa
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die WHO will, dass Länder mit der Verabreichung der dritten Dosis noch zuwarten.
  • Israel ignoriert den Aufruf und motiviert seine Bevölkerung zur Auffrischimpfung.
  • Denn trotz hoher Durchimpfung droht dem Ex-Impfweltmeister ein erneuter Lockdown.

Gestern Abend kritisierte WHO-Chef Adhanom Ghebreyesus die Pläne verschiedener Länder für eine dritte Impfung. Er forderte einen vorübergehenden Stopp der Auffrischimpfungen, solang bis arme Länder wenigstens ihre ersten Dosen verabreichen konnten. Doch in Israel stösst er mit seinem Aufruf auf taube Ohren.

Coronavirus: Impfweltmeister auf Abwegen

Denn das gelobte Land steht vor einem grossen Problem: Der ehemalige Impfweltmeister verzeichnet wieder fast 4000 neue Infektionen pro Tag. Vier Prozent aller Tests kommen mittlerweile wieder positiv zurück, der R-Wert liegt bei 1,4, Tendenz bei beiden Zahlen steigend.

Coronavirus - Israel
Ultra-orthodoxe Juden, Anhänger der chassidischen Gemeinschaft von Shomrei Emunim, tragen aufgrund des Coronavirus Mundschutze bei der Beerdigung ihres Rabbinerreferenten Aharon Roth, der an - dpa

Doch wie kann das sein in einem Land, das schon fast zwei Drittel seiner Bevölkerung vollständig geimpft hat? Premierminister Bennett schiebt die Schuld auf die rund eine Million noch ganz ungeimpfter Israelis. «Sie gefährden alle anderen acht Millionen Bürger dieses Landes», sagte er am Dienstag.

Das ist bitter für ein Land, das im Juni unter internationalem Beifall den endgültigen Sieg über das Coronavirus erklärt hatte. Jetzt werden die zuvor aufgehobenen Restriktionen Schritt für Schritt wieder eingeführt. Draussen herrscht wieder Maskenpflicht, drinnen gibt es wieder Personenbeschränkungen. Verkehrsminister Benny Gantz warnte gar, man müsse die Öffentlichkeit auf einen möglichen Lockdown im September vorbereiten.

Virus Outbreak Israel coronavirus
Das erste Konzert nach der Pandemie mit Sänger Ivri Lider sorgte für Schlagzeilen weltweit. - Keystone

Kein Spielraum für Menschlichkeit

Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass ein erneuter Lockdown höchstens eine Verschnaufpause vor dem Coronavirus gewähren kann. Für die israelischen Behörden ist darum klar: Das einzige erfolgreiche Mittel gegen die Pandemie ist die Impfung, auch wenn deren Schutz offenbar schneller nachlässt, als gehofft.

Wenn die grosse Impferei also noch nicht gereicht hat, muss halt noch mehr geimpft werden. Egal, was die WHO verlangt. Naftali Bennett bugsierte dafür am Dienstag medienwirksam seine Mutter in ein Impfzentrum in Haifa. Vor laufenden Kameras erhielt sie ihre dritte Dosis und soll so dazu animieren, es ihr gleichzutun.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MutterWHOCoronavirus