Christian Drosten plädiert dafür, in der aktuellen Pandemiephase politische Entscheidungen mit Vorsicht zu treffen.
Christian Drosten
Die WHO schlägt den Virologen Christian Drosten für einen internationalen Beirat vor. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Laut Christian Drosten sind Vorhersagen wegen zunehmender Impfungen immer schwieriger.
  • Massnahmen der Kontaktreduktion sollen zudem nicht zu rasch aufgehoben werden.

Angesichts einer zunehmend schwierigen Deutung der Pandemie-Entwicklung hat der Berliner Virologe Christian Drosten für vorsichtiges politisches Handeln plädiert. Vorhersagen würden angesichts zunehmender Impfungen immer schwieriger, die Politik müsse mit gewissem Augenmass und gewisser Vorsicht fahren. Das sagte der Leiter der Virologe an der Charité am Donnerstag bei einer Anhörung im Parlamentarischen Begleitgremium Covid-19-Pandemie des Bundestags.

Massnahmen der Kontaktreduktion seien wirksam, man solle aber nicht zu viel auf einmal zurücknehmen. «Das kann sonst zurückschlagen.» Bei wieder steigenden Inzidenzen stelle sich künftig die Frage, was das bedeutet – denn die dahinterstehende Krankheitslast in der Bevölkerung werde mit der Zeit durch die zunehmenden Impfungen immer weiter reduziert.

Christian Drosten
Christian Drosten, Direktor, Institut für Virologie, Charite – Universitätsmedizin Berlin. - dpa

Impffortschritt weiterhin wichtig

«Das ist jetzt eigentlich eine der schwierigsten Phasen überhaupt für die Politik, das Ganze zu navigieren», sagte Drosten. In Deutschland sei der Impffortschritt zwar noch nicht so gross wie in Grossbritannien. Bei Menschen über 70, die ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben, sei der Fortschritt aber schon recht ausgeprägt. Drosten sieht vor diesem Hintergrund Modellierungen, die über den Winter wichtige Grundlagen für das Ergreifen von Massnahmen gewesen seien, zunehmend erschwert.

Schon länger gibt es Vorschläge von Experten, künftig weniger auf die Sieben-Tage-Inzidenzen und mehr auf Klinikeinweisungen wegen Covid-19 oder auf die Inzidenzen bei Menschen ab 60 Jahren zu blicken. Krankenhausaufnahmen seien allerdings nach seiner Kenntnis bisher nicht meldepflichtig, sagte Drosten.

Virus werde laut Christian Drosten Impflücken nutzen

Er regte an, erst bei einem grösseren Schutz der Risikogruppen durch Impfung, etwa nach dem Sommer, beim Blick auf die Parameter einen fliessenden Übergang einzuleiten. Eine Zeit lang könnten etwa Neuinfektionen und Neuaufnahmen parallel erhoben werden, um sich abzusichern. Bisher habe die gemeldete Inzidenz aber die Krankheitslast sehr gut vorausgesagt, betonte Drosten.

Auf lange Sicht rechnet der Virologe damit, dass sich das Virus wie ein Erkältungs-Coronavirus verhalten werde. In den kommenden zwei bis vier Jahren seien Übergangszustände zu erwarten – das Virus werde Impflücken nutzen. Politisches Nachtarieren werde künftig beinhalten, dass ab einer gewissen Verringerung der Krankheitslast auch mehr Infektionen toleriert werden könnten. Die Frage sei, wie weit das gehen könne und wie intensiv man dies mit PCR-Tests verfolgen wolle.

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