Bundessozialgericht-Präsident: Länder müssen Impfpflicht umsetzen
Laut dem Präsidenten des Bundessozialgericht, Rainer Schlegel, könnten einzelne Bundesländer die Impfpflicht für Gesundheitspersonal nicht selbst einstellen.

Das Wichtigste in Kürze
- Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgericht, fordert Kostenbeteiligung Ungeimpfter.
- Nach seiner Einschätzung müssen Länder die berufsspezifische Impfpflicht umsetzen.
Laut dem Präsidenten des Bundessozialgericht (BSG), Rainer Schlegel, könnten einzelne Bundesländer die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal nicht einfach einstellen. Das Beschäftigungsverbot sei im Bundesgesetz «glasklar formuliert», sagte Schlegel bei der Jahrespressekonferenz des Bundessozialgerichts am Dienstag in Kassel. Weiter sprach er sich dafür aus, Ungeimpfte mit einem schweren Erkrankungsverlauf «massvoll» an den Behandlungskosten zu beteiligen.
Bundessozialgericht: Ausnahmen nur zulässig bei zu wenig Impfstoff
Schlegel betonte, das im Dezember geänderte Infektionsschutzgesetz lege eindeutig fest, dass Ungeimpfte oder Genesene ab dem 16. März in bestimmten Pflege- und Gesundheitseinrichtungen nicht mehr arbeiten dürfen. Ausnahmen auf Landesebene seien nur zulässig, wenn es nicht genug Impfstoff gibt. Sei die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht mehr gewollt, müsse der Gesetzgeber das Gesetz aufheben oder sein Inkrafttreten verschieben.
Damit widersprach Schlegel vom Bundessozialgericht der Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums und des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Dieser hatte erklärt, er wolle die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern vorerst nicht umsetzen.
Das Gesundheitsministerium in Berlin geht bislang davon aus, dass die Gesundheitsämter in jedem Einzelfall ein «Betretungsverbot» für Einrichtungen aussprechen müssen. Nach Überzeugung Schlegels greift dies jedoch nur dann, wenn Arbeitnehmer zweifelhafte Bescheinigungen vorlegen. Entscheiden müssten darüber aber letztlich nicht die Sozial-, sondern die Verwaltungsgerichte, betonte Schlegel.
Bundessozialgericht: Präsident für eine Kostenbeteiligung Ungeimpfter
In der Diskussion über eine allgemeine Impfpflicht schlug der Präsident des Bundessozialgerichts ein sogenanntes Rahmengesetz vor. Dieses könne die Voraussetzungen für eine allgemeine Impfpflicht festlegen und dann je nach Bedarf und weiterer Entwicklung «scharfgestellt» werden.

Schlegel sprach sich weiter für eine Beteiligung Ungeimpfter an den Behandlungskosten bei einem schweren Covid-Verlauf aus. Bis Ende September 2021 seien 267'000 Covid-Patienten in den Krankenhäusern gewesen. Durchschnittlich lägen die Behandlungskosten zwar bei 3700 Euro.
Werde eine Beatmung notwendig, seien es aber je nach Dauer 60'000 bis 200'000 Euro, ohne spätere Folgebehandlungen. Für 200'000 Euro müssten ein Durchschnittsverdiener und sein Arbeitgeber 34 Jahre lang Krankenkassenbeiträge bezahlen.
«Solidarität ist keine Einbahnstrasse»
«Zweifellos müssen natürlich auch Nichtgeimpfte Anspruch auf das volle Programm der gesetzlichen Krankenversicherung haben», betonte Schlegel. Aber eine Kostenbeteiligung von Ungeimpften mit schwerem Verlauf hält Schlegel für zulässig.
Je nach Einkommen und Vermögen könnten sich die Betroffenen «massvoll an den Kosten solch einer Behandlung beteiligen. Dies sehe das Gesetz schon jetzt, etwa nach missratenen Schönheitsoperationen oder Piercings, vor.
«Ich würde das befürworten - wir reden viel von Solidarität, Solidarität ist keine Einbahnstrasse», sagte der Präsident des Bundessozialgerichts.