Die Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew wurde zurückerobert. Zurück bleibt ein Bild der Zerstörung und des Schreckens im Ukraine-Krieg.
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Ein Bild des Kiewer Vorort Butscha. - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die russischen Truppen haben sich aus der Region um Kiew zurückgezogen.
  • Das Gebiet ist aber nicht sicher; Präsident Selenskyj warnt vor Minen und Luftangriffen.
  • Derzeit zeichnen sich Fortschritte in den Friedensverbandlungen ab.

Mit der Rückeroberung der Region um Kiew hat sich der ukrainischen Armee nach wochenlangen Kämpfen ein Bild des Schreckens geboten. Im Vorort Butscha wurden am Samstag nach dem Abzug der russischen Armee zahlreiche Leichen auf den Strassen entdeckt. Das berichten AFP-Reporter. Am Sonntag wurden aus dem Süden des Landes, der historischen Küstenstadt Odessa, mehrere Explosionen gemeldet.

Durch russische Angriffe verwüstet

«Irpin, Butscha, Hostomel und die gesamte Region Kiew wurden von den Invasoren befreit.» Das schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Samstag auf Facebook. Die russischen Streitkräfte hätten «eine totale Katastrophe und zahlreiche Gefahren» hinterlassen, schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj ebenfalls bei Facebook. Er warnte vor vermintem Gebiet und weiteren Luftangriffen.

Butscha wurde durch die russischen Angriffe im Ukraine-Krieg verwüstet. Wohnhäuser wurden durch Granatenbeschuss beschädigt und auf den Strassen waren zerstörte Autos zu sehen, wie AFP-Reporter berichteten. Sie sahen auf einer einzigen Strasse in Butscha mindestens 20 Leichen liegen. Die Toten trugen zivile Kleidung.

«Alle diese Menschen wurden erschossen», sagte Bürgermeister Anatoly Fedoruk. Die Strassen der Kleinstadt seien mit Leichen übersät. Es stünden Autos auf den Strassen, in denen «ganze Familien getötet wurden: Kinder, Frauen, Grossmütter, Männer».

Nach Angaben des Bürgermeisters mussten 280 Menschen in Butscha in Massengräbern beigesetzt werden. Denn die drei städtischen Friedhöfe liegen noch in Reichweite des russischen Militärs. Die britische Aussenministerin Liz Truss schrieb bei Twitter, sie sei «entsetzt über die Gräueltaten in Butscha und anderen Städten».

Rückzug als Zeichen für Strategiewechsel

Die ukrainische Regierung wertete den «schnellen Rückzug» der russischen Truppen aus dem Grossraum Kiew und der weiter nördlich gelegenen Region Tschernihiw als Beleg für den von Moskau angekündigten Strategiewechsel. Die russische Armee wolle sich nun «nach Osten und Süden zurückziehen und dort die Kontrolle über grosse besetzte Gebiete behalten», sagte Michailo Podoljak, ein Berater von Präsident Selenskyj.

Selenskyj erwartete angesichts des nachlassenden militärischen Drucks im Norden «mächtige Angriffe» im Osten. Vor allem auf das seit Wochen belagerte Mariupol. Die Stadt steht seit Wochen im Ukraine-Krieg unter massivem Beschuss der russischen Streitkräfte.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. - Ukrainian presidential press-service/AFP

Nach ukrainischen Angaben wurden dort seit Kriegsbeginn mindestens 5000 Menschen getötet, etwa 160.000 Zivilisten sollen in der weitgehend zerstörten Stadt noch festsitzen. Die humanitäre Situation ist katastrophal; die Menschen haben kaum Zugang zu Wasser, Lebensmitteln und Strom.

Über Odessa standen am Sonntag mindestens drei schwarze Rauchsäulen und Flammen. Die Metropole ist der grösste Hafen der Ukraine und zentral für die Wirtschaft des gesamten Landes. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte einen Angriff auf ein Industriegebiet. See- und luftgestützte Raketen hätten eine Ölraffinerie und drei Lager in der Nähe der Stadt zerstört, erklärte das Ministerium.

Ukraine-Krieg: UN-Koordinator in Moskau erwartet

Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamia meldete unterdessen Fortschritte in den Friedensverhandlungen mit Moskau. Russland habe Kiews Hauptforderungen «mündlich» zugestimmt, sagte Arachamia am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Nur hinsichtlich des Status der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim bestehe weiterhin keine Einigkeit. Moskau habe in den Gesprächen aber akzeptiert, dass ein Referendum über den von Russland geforderten neutralen Status der Ukraine «der einzige Ausweg aus dieser Situation» sei.

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Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe: Martin Griffiths. - AFP

Am Sonntag wurde der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Martin Griffiths, zu Gesprächen in Moskau erwartet. Griffiths wolle versuchen, einen «humanitären Waffenstillstand» in der Ukraine zu erreichen, hatte UN-Generalsekretär António Guterres am Freitag gesagt. Bislang hatte Moskau es abgelehnt, ranghohe Vertreter der UNO zu Gesprächen über den Ukraine-Krieg zu empfangen. Anschliessend will Griffith nach Kiew weiterreisen.

Seit der Ukraine-Krieg 24. Februar ausgebrochen ist, wurden nach ukrainischen Schätzungen über 20.000 Menschen getötet. Fast 4,14 Millionen Menschen flohen nach UN-Angaben vor den Kämpfen in der Ukraine ins Ausland.

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