Nach seiner Verhaftung infolge einer erzwungenen Landung hat der Regierungskritiker Roman Protassewitsch im Staatsfernsehen ein langes «Geständnis» abgelegt.
SCREENSHOT - Der belarussische Blogger Roman Protassewitsch. Foto: Telegram/Social Media/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
SCREENSHOT - Der belarussische Blogger Roman Protassewitsch. Foto: Telegram/Social Media/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits - sda - Keystone/Telegram/Social Media/-
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Roman Protassewitsch sitzt immer noch in U-Haft.
  • Im belarussischen Staats-TV legte er nun ein Geständnis ab.
  • Sein Vater behauptet, er sei zu den Aussagen gezwungen worden.

Der Sender ONT strahlte ein anderthalbstündiges Interview aus, in dem der 26 Jahre alte Blogger davon sprach, Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko organisiert zu haben.

Zudem äusserte er auch noch Bewunderung für Lukaschenko. Die Opposition vermutet, dass Protassewitsch zu dem Auftritt genötigt wurde. Seine Mutter bezeichnete das Interview am Freitag als Ergebnis von Folter.

«Ich kann mir nicht einmal vorstellen, welchen Foltermethoden - sowohl psychischen als auch physischen - mein Sohn momentan ausgesetzt ist», sagte Natalia Protassewitsch der Deutschen Presse-Agentur. Die 46-Jährige verwies auf dunkle Stellen, die an seinen Handgelenken zu sehen waren. «Schauen Sie einfach, was für tief eingeschnittene Handgelenke er hat, was für Entzündungen da zu sehen sind.» Die langen Ärmel seines Hemdes könnten weitere Misshandlungsspuren verdecken.

Mit teils zitternder Stimme erhob der Blogger in dem Interview, das am Donnerstagabend ausgestrahlt wurde, auch Anschuldigungen gegen andere Regierungskritiker. Am Ende weinte der Mitbegründer des oppositionellen Telegram-Kanals Nexta (Nechta). Ein Berater von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte dazu: «Das sind Worte einer Geisel.» Der Menschenrechtler Ales Beljazki sprach von «reiner Propaganda».

Protassewitsch war vor knapp zwei Wochen in Minsk an Bord eines Ryanair-Passagierflugzeugs festgenommen worden, das Machthaber Lukaschenko vom Kurs abbringen und dann zur Landung zwingen liess. Ebenso wie seine russische Freundin Sofia Sapega sitzt er seitdem in Haft. Vergangene Woche war er schon einmal im Staatsfernsehen vorgeführt worden. Der Vorfall hat den Konflikt zwischen der ehemaligen Sowjetrepublik und dem Westen verschärft. Die EU und die USA verhängten seither neue Sanktionen gegen Belarus.

Protassewitschs Mutter forderte, unabhängige Ärzte zu ihrem Sohn zu lassen. «Die sollten auch Blutanalysen machen, was man ihm spritzt.» Bislang seien alle Anträge aber abgelehnt worden. Auch die Anwältin des Bloggers sei diese Woche nicht vorgelassen worden. Die Mutter zeigte sich überzeugt, dass der Machtapparat Druck auf Familie, Freunde und Mitstreiter ausüben wolle. Zu dem Interview sagte sie, Lukaschenkos Apparat ziele auf die schmerzhaftesten Stellen. «Eine grössere Qual kann man als Mutter vermutlich nicht erleiden.»

Protassewitschs Eltern hatten zuvor schon die Vermutung geäussert, dass ihr Sohn im Gefängnis misshandelt und zu Aussagen gezwungen werde. Die belarussische Justiz wirft dem Blogger vor, im vergangenen Jahr zu Massenprotesten gegen Lukaschenko aufgerufen zu haben. Nach der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl vom 9. August waren teils Hunderttausende gegen den immer wieder als «letzten Diktator Europas» kritisierten Lukaschenko auf die Strasse gegangen. Inzwischen gibt es kaum noch Proteste.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

OppositionRyanairMutterHaftEU