Matthias Maurer soll 2021 als nächster Deutscher zur Internationalen Raumstation ISS reisen. In Corona-Zeiten ist ein Flug zum Aussenposten der Menschheit eine noch grössere Herausforderung als sonst.
Der Astronaut Matthias Maurer steht in einem Trainingsmodul im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) auf dem Gelände der ESA. Foto: Felix Hörhager/dpa
Der Astronaut Matthias Maurer steht in einem Trainingsmodul im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) auf dem Gelände der ESA. Foto: Felix Hörhager/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Wenn die Triebwerke zünden und Astronaut Matthias Maurer Ende 2021 zur Internationalen Raumstation ISS abhebt, endet für Deutschlands nächsten Mann im All eine lange Wartezeit.

«Ich freue mich natürlich sehr, dass es endlich losgehen wird», sagt Maurer am Rande seines Trainings in Houston der Deutschen Presse-Agentur. Aktuell fühle er sich aber noch recht entspannt. «Ich arbeite schon einige Jahre darauf hin, endlich in den Weltraum zu fliegen und glaube, dass ich erst aufgeregt sein werde, wenn ich wirklich auf der Startrampe in der Kapsel sitze.»

Wenn alles nach Plan läuft, wird Maurer nach dem Start vom Kennedy Space Center in Florida der zwölfte Deutsche im All sein - und der vierte Deutsche auf der ISS. «Ich werde circa sechs Monate auf der Station arbeiten und eine Vielzahl von wissenschaftlich-technischen Experimenten durchführen.» Möglicherweise steige er auch zu einem Ausseneinsatz ins All aus. Dann trennt ihn nur ein dünner Raumanzug vom lebensfeindlichen Kosmos. «Das hängt aber von den Installationen und Reparaturen ab, die in den Zeitraum meiner Mission fallen.»

Mit dann 51 Jahren wird Maurer der älteste deutsche Raumfahrer bei einem Erstflug sein. Der am 18. März 1970 in St. Wendel geborene Saarländer hat einen Doktortitel in Materialwissenschaft und liess nach seiner Bewerbung bei der Europäischen Raumfahrtagentur Esa mehr als 8000 Kandidaten hinter sich. Mit ihm werden die Nasa-Astronauten Thomas H. Marshburn und Raja Chari und ein noch unbestimmtes viertes Besatzungsmitglied zum Aussenposten der Menschheit aufbrechen. Ihr Raumschiff wird eine Crew-Dragon-Kapsel der Raketenfirma SpaceX sein.

Sind private Transporter zu einem Grossteil die Zukunft der bemannten Raumfahrt? «Ganz eindeutig ja», sagt der Esa-Astronaut. Die private Industrie sei meist sehr agil und darauf fokussiert, guten Service zu bieten und möglichst schnellen Fortschritt zu erzielen. «Was SpaceX bislang auf die Beine gestellt hat und auch allgemein im breiteren Spektrum der Raumfahrt bietet, ist wirklich eine gute Leistung», meint Maurer. Der bisher letzte deutsche Raumfahrer Alexander Gerst war 2014 und 2018 mit russischen Sojus-Kapseln ins All geflogen.

«Cosmic Kiss» (Kosmischer Kuss) heisst Maurers Mission - der Name ist ihm zufolge «eine Liebeserklärung an den Weltraum». Die Raumstation in rund 400 Kilometern Höhe sei gleichsam das Bindeglied zwischen Mensch und All. Mit rund 28.000 Stundenkilometern rast die ISS in etwa 90 Minuten einmal um den Erdball. Raumfahrer schwärmen vom Blick auf unseren Planeten. Nachts funkeln Städte, tagsüber glitzern Ozeane. Gut ein Dutzend Nationen - neben den USA und Russland vor allem Europäer sowie Japan und Kanada - beteiligen sich am fliegenden Labor. Seit Ende 2000 ist es dauerhaft von Raumfahrern bewohnt.

Dem voran geht eine harte Ausbildung. In Schweden wurde Maurer bei bitterkalten Temperaturen in ein Überlebenstraining geschickt, ohne Schlafsack, ohne Zelt, ohne Proviant. Er lernte Russisch und Chinesisch. «Meine grösste Herausforderung ist sicher, gesund durch den Winter und die Corona-Pandemie zu kommen», sagt Maurer. Bei einer ernsthaften Erkrankung würde er seinen Platz vorerst verlieren. «Von daher bereitet Covid-19 mir die meisten Sorgen.»

Er trainiere mit Mund-Nasen-Schutz und müsse sein Privatleben extrem einschränken. «Ich weiss zum Beispiel gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal in einem Restaurant war. Auch wenn diese hier in den USA geöffnet sind.» Auf der ISS werde er sicher den Kontakt mit Familie und Freunden vermissen, sagt Maurer. «Aber ich bin sicher, die Erlebnisse im All werden so überwältigend sein, dass ich einen sehr guten Ersatz dafür habe.» Als Souvenir aus der Heimat nehme er unter anderem einen Rötelstein mit - mit diesem Werkstoff zum Malen und Zeichnen habe seine Heimatgemeinde Oberthal einst Handel getrieben.

Vielleicht kann Maurer das Mitbringsel aus dem Saarland in der Schwerelosigkeit gar einem Hollywoodstar zeigen: US-Medien zufolge soll Schauspieler Tom CruiseMission Impossible») Dreharbeiten auf der ISS planen. Maurer sieht die Berichte gelassen. «Grundsätzlich finde ich es gut und wichtig, dass die ISS-Partner Filmaufnahmen ermöglichen», sagt er. Eine solche Produktion könnte dazu beitragen, dass die Arbeit im All mehr Anerkennung und öffentliche Wahrnehmung erfährt sowie auch mehr Unterstützung durch die Politik.

Weltraumtourismus könnte nach Ansicht von Deutschlands nächstem Mann im All auch helfen, künftig den Zugang für alle Menschen zum Kosmos zu erleichtern. «Vor 100 Jahren war es die Ausnahme, dass Menschen in ein Flugzeug gestiegen sind», sagt Maurer. Heute könne das praktisch jeder. «So oder ähnlich werden wir das meines Erachtens auch mittelfristig im All sehen. Ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen.» Zuvor aber steht erst einmal Maurers «Cosmic Kiss» an.

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