Ärzte ohne Grenzen bieten in Charkiw in den Metro-Stationen Sprechstunden an. Viele Bewohner halten sich aus Sicherheitsgründen dort auf.
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Ein Mann hat sich während dem Ukraine-Krieg in einem U-Bahn-Wagen eingerichtet. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Ukrainer fliehen vor den Bomben in U-Bahn-Stationen.
  • Ärzte ohne Grenzen bietet dort Betreuung an.
  • Vor allem Alte und Bedürftige gehen auch am Tag kaum nach draussen.

Hunderte Menschen bringen sich in den U-Bahn-Stationen der zweitgrössten ukrainischen Stadt Charkiw vor den russischen Bombardements in Sicherheit. Dort betreibt die Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen» (MSF – Medecins Sans Frontières) nach eigenen Angaben Sprechstunden für die kranken, verängstigten und traumatisierten Menschen.

Rund um die Uhr gebe es Bombenalarm, berichtete der Leiter des Einsatzes, Michel-Olivier Lacharité, an die Zentrale in Genf. Die U-Bahn-Schächte seien der sicherste Ort für die Menschen. «Es gibt drei U-Bahn-Linien in der Stadt, und praktisch alle Stationen werden genutzt.»

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Weil es in den U-Bahn-Stationen sicherer ist, schlafen unzählige Menschen im Ukraine-Krieg hier. - Keystone

In jeder Station hielten sich rund 100 Menschen auf, meist ältere und bedürftige. Nachts seien es bis zu dreimal so viele. «Sie sind seit mehr als 40 Tagen in der Kälte und Feuchtigkeit und schlafen in Zelten», berichtete Lacharité. Die Stadt hatte vor dem Krieg etwa 1,8 Millionen Einwohner, etwa 350'000 seien noch vor Ort.

Mobile MSF-Kliniken hätten schon mehr als 500 Konsultationen durchgeführt. Die Helfer zögen wegen der Ausgangssperre nachts durch die Tunnel von einer Station zur nächsten, so Lacharité. Die meisten Menschen hätten Infektionen der Atemwege und Bluthochdruck.

Ukraine-Krieg: Gefahr angstbedingter Verhaltensstörungen steigt

«Selbst in den U-Bahn-Stationen spürt man die Vibrationen der Bombardierungen», berichtete Lacharité. Kindern und Jugendlichen biete MSF psychologische Unterstützung. Sie hätten grosse Angst, ins Freie zu gehen. Je länger der Krieg dauere, desto grösser werden die Gefahr angstbedingter Verhaltensstörungen.

Lacharité zitiert Ludmilla, eine Mutter im Alter von 40 Jahren, die mit ihrem Sohn in der U-Bahn lebt. «Die Kälte, der Schlafmangel, all das ist nichts gegen den Krieg», sagte sie nach Angaben von MSF. «Wenigstens sind wir hier sicher.» Sie habe so lange es ging mit ihrem Sohn in ihrer Wohnung ausgeharrt, bis in der Nähe eine Bombe einschlug. «Mama, ich will nicht sterben», habe ihr Sohn gesagt.

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