Ein Jahr nach dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hat Amnesty International die anhaltende Straffreiheit für die Verantwortlichen angeprangert.
Ein Nawalny-Porträt wird in St. Petersburg übermalt
Ein Nawalny-Porträt wird in St. Petersburg übermalt - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Merkel soll bei Russland-Besuch auf «substanziellen Ermittlungen» bestehen.

Die russischen Behörden würden die Aufklärung des Anschlags auf Nawalny «offensichtlich verweigern», erklärte die Menschenrechtsorganisation am Freitag. Stattdessen sei Nawalny in Russland unter Bedingungen inhaftiert, «die ihn fast umgebracht hätten». Gegen seine Unterstützer laufe eine «unerbittliche Repressionskampagne».

«Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Jahrestag des Anschlags auf Nawalny mit Russlands Präsident Wladimir Putin spricht, darf der Fall nicht unerwähnt bleiben», forderte der Russland-Experte von Amnesty International Deutschland, Peter Franck, mit Blick auf den Besuch der Kanzlerin am Freitag in Moskau. Merkel müsse gegenüber Putin auf «sichtbaren und substanziellen Ermittlungen» im Fall Nawalny bestehen.

Der Anschlag auf Nawalny folge einem Muster unaufgeklärter Vergiftungsfälle in den vergangenen Jahren, erklärte Franck weiter. «Kritische Stimmen sind auch heute weiter in Gefahr, in Russland oder sogar im Ausland Opfer von Anschlägen zu werden.»

Erst vor gut einer Woche sei eine neue Anklage gegen Nawalny wegen angeblicher Gründung einer rechtswidrigen Organisation erhoben worden, erklärte Amnesty. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Oppositionspolitiker demnach drei weitere Jahre Haft. Franck betonte: «Wir fordern die russischen Behörden dringend auf, Alexej Nawalny unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Nawalny ist ein gewaltloser politischer Gefangener.»

Nawalny sieht den Kreml als Drahtzieher hinter seiner versuchten Tötung im August des vergangenen Jahres. Auf den prominenten Putin-Kritiker war damals ein Anschlag mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe verübt worden, den er nur knapp überlebte. Nach monatelanger medizinischer Behandlung in Deutschland war Nawalny nach seiner Rückkehr in Russland festgenommen und verurteilt worden. Er sitzt inzwischen eine Haftstrafe in einem russischen Straflager ab, gegen seine Organisationen und Mitstreiter gehen die russischen Behörden rigoros vor.

Moskau hatte der Bundesregierung diese Woche eine Instrumentalisierung des Falls Nawalny vorgeworfen. Deutschland und andere westliche Staaten würden den «Hype um Nawalny» als Vorwand für «Angriffe» auf Russland nutzen, kritisierte das Aussenministerium in Moskau, das auch eine «Propagandakampagne» des Westens beklagte.

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