Alternative für Deutschland will den Dexit
Das Chaos rund um den «Brexit» schreckt viele Deutsche ab. Deshalb tut sich die AfD schwer damit, das britische Beispiel als Vorbild zu verkaufen.

Das Wichtigste in Kürze
- Viele in der AfD wollen den «Dexit».
- Allerdings schreckt das Brexit-Chaos viele auch ab.
Es steht viel auf dem Spiel in diesem Jahr für die zuletzt erfolgsverwöhnte AfD. Bei den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland hoffen die Rechtspopulisten auf Ergebnisse über 20 Prozent. Im Mai bei der Europawahl wollen sie von den vielfältigen Krisen der EU profitieren. Aber ihre Umfragewerte waren schon einmal besser. Da kommt André Poggenburgs Neugründung einer Partei rechts von der AfD höchst ungelegen. Die Angst vor Stimmverlusten an die Abtrünnigen ist spürbar auf der Europawahlversammlung im sächsischen Riesa.
Allen Führungswechseln und Abspaltungen zum Trotz ist die AfD seit ihrer Gründung 2013 immer eine europaskeptische bis EU-feindliche Partei geblieben. Konsequenterweise setzt sie nun bei der Wahl zum Europaparlament ganz auf den Kampf gegen das «EU-Monster». Sie freut sich auf eine Zusammenarbeit mit Italiens ausländerfeindlicher Lega und Ungarns rechtsnationalem Ministerpräsidenten Viktor Orbán.
«Reform» und «Reformation»
Die Kandidatenliste ist der typische AfD-Mix aus Laut-Nationalen und Protestbürgertum. Auf den rechten Berliner «Flügel»-Mann Thorsten Weiss, der in seiner Bewerbungsrede «Reform» mit «Reformation» verwechselt, folgt auf Listenplatz 15 Hagen Brauer, ein ehemaliger CDU-Kommunalpolitiker aus Schwerin. Die Kandidatenkür läuft zäh und zeitraubend, manchmal bringt auch die Stichwahl kein Ergebnis.
Fast alle Bewerber für die Listenplätze zur Europawahl versuchen sich mit knalligen Sprüchen als beinharte Brüssel-Gegner zu profilieren – und spielen zumindest mit dem Gedanken an einen «Dexit», einen deutschen EU-Austritt. Die AfD-Programmkommission hat einen Leitantrag erarbeitet, der einen «Dexit» nach fünf Jahren vorsieht. Für den Fall, dass sich die EU bis dahin nicht nach dem Willen der AfD verändert haben sollte.
«Zerstrittener, geldgieriger Haufen»
Parteichef und Europa-Spitzenkandidat Jörg Meuthen findet das voreilig. Die Abstimmung über den Leitantrag verzögert sich. Denn obwohl die AfD die EU nicht mag, präsentieren sich auch am zweiten Tag der Europawahlversammlung wieder Dutzende von Bewerbern, die auf die Kandidatenliste wollen.
Ina Buchmann, die sich als Deutsche mit griechischem Migrationshintergrund vorstellt, nennt die EU «einen zerstrittenen, geldgierigen Haufen». Von «Regulierungs-Ungetüm», «Diktatur» und «Brüsseler Joch» ist bei anderen die Rede. Georg Hock hält die Europäische Union für «keinesfalls reformierbar» und empfiehlt sich selbst als «Abrissbirne» für Brüssel.