Die Politik von Präsident Erdogan basiert auf religiös-konservativen Grundsätzen. Obwohl Männer klar bevorzugt werden, ist der Support unter Hausfrauen riesig.
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Erdogan hat seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 so viel Macht wie nie zuvor und kann weitgehend am Parlament vorbei regieren. Foto: Khalil Hamra/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Khalil Hamra
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Das Wichtigste in Kürze

  • Recep Tayyip Erdogan möchte sich heute abermals zum türkischen Präsidenten wählen lassen.
  • Seinen Herausforderer Kemal Kilicdaroglu besiegte er deutlich in der ersten Wahlrunde.
  • Ausgerechnet Hausfrauen sind diejenigen, die dem aktuellen Präsidenten am treusten sind.
  • Progressive Frauen hingegen fürchten eine weitere Amtszeit des 69-Jährigen.

Progressive Frauen sehen sich durch den türkischen Präsidenten Erdogan und seine Politik in ihren Rechten beschränkt. Eine weitere Amtszeit könnte diesen Zustand verschlimmern.

Umso konträrer sehen dies jedoch türkische Hausfrauen, bei denen Erdogan sehr grossen Zuspruch geniesst. Nach der Wahl 2018 gaben etwa 60 Prozent befragter Hausfrauen an, für Erdogan gestimmt zu haben. Dies ist ein Spitzenwert unter sämtlichen gesellschaftlichen Gruppen.

Erdogan gab den Frauen «die Freiheit»

Der Präsident und seine Partei AKP pflegen ein höchst religiös-konservatives Weltbild. Frauen werden darauf reduziert, sich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Genau dies scheint aber bei strenggläubigen, muslimischen Frauen Anklang zu finden. Laut dem «Spiegel» sagte eine Frau bei einer von Erdogans Wahlkampfveranstaltungen: «Erdogan hat so, so viel für uns Frauen getan.»

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Recep Tayyip Erdogan (l.) vs. Kemal Kilicdaroglu: Ein Wahlzettel für die türkische Stichwahl um die Präsidentschaft.
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Mehrere Frauen mit Kopftüchern auf der Strasse. Besonders strenggläubige, muslimische Frauen sind Erdogan treu. (Symbolbild)
Kemal Kilicdaroglu
Kemal Kilicdaroglu würde gerne Erdogan als Präsident der Türkei beerben.
Berliner Wahllokal
Ein Berliner Wahllokal zur Türkei-Wahl.
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Sinan Ogan, der in der ersten Wahlrunde ausgeschieden ist, unterstützt Recep Tayyip Erdogan (r).

«Erdogan hat den türkischen Frauen die Freiheit gegeben», meint eine weitere. Im Jahr 2013 fiel unter ihm ein Verbot, dass Studentinnen und Arbeitenden im öffentlichen Dienst kein Kopftuch tragen durften. Die schwächelnde Wirtschaft sorge zwar für Kopfschmerzen, aber aktuelle Präsident sei der «einzige Anführer, den wir in diesem Land haben».

Junge Frauen wollen das Land verlassen

Auf der anderen Seite des Spektrums fürchtet man sich hingegen bereits vor einem Sieg über den Herausforderer Kemal Kilicdaroglu. Einige junge, progressive Frauen denken ernsthaft darüber nach, das Land bei Sieg einem Erdogans zu verlassen.

Verfolgen Sie die Wahl in der Türkei?

Die 25-jährige Irmak Kocar sagte dem «Spiegel» hierzu: «Als Frau fühle ich mich auch jetzt schon nicht sicher, es ist zum Kotzen.» Menschen würden sie anstarren, wenn sie mit ihrem Freund Händchen halte. Kollegen hätten komisch geschaut, da die beiden unverheiratet zusammenleben.

In den sozialen Medien versuchen progressive Frauen-Gruppen alles, um einen Stichwahlsieg Erdogans noch zu verhindern. Die Resultate der ersten Wahlrunde lassen darauf aber eher wenig Hoffnung zu.

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