Der Ort Kono in Papua-Neuguinea feiert wieder sein auf der Welt einmaliges Shark Calling Festival. Dabei dreht sich alles um die Kunst, Haie zu verführen.
Haie
Mit Liedern und Rasseln werden die Haie angelockt. Foto: Christina Steiner/Godfree Abage/Shark Calling Festival/dpa - Keystone/Shark Calling Festival

Das Wichtigste in Kürze

  • In Papua-Neuguinea hat das auf der Welt einmalige Shark Calling Festival begonnen.
  • Drei Tage lang werden Haie durch Gesang und Rasseln gelockt und mit Hand gefangen.
  • Der Hairuf ist aber kein Gruppenevent: Jeder paddelt allein hinaus auf die Bismarcksee.
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Auf klapprigen Holzbooten fahren die Männer auf den Ozean hinaus, um Haie zu bezirzen. In der Nacht zuvor haben sie uralte spirituelle Lieder zu Ehren der faszinierenden Raubfische gesungen, haben gefastet und sich vorbereitet. Seit Sonntag feiert der Ort Kono in Papua-Neuguinea wieder sein auf der Welt einmaliges Shark Calling Festival.

Drei Tage lang dreht sich alles um die Kunst, Haie zu verführen. Nur hier, an der Westküste der Insel New Ireland, werden die Tiere durch Gesang und spezielle Rasseln gelockt. Sie werden dann mit der blossen Hand gefangen.

John Merebo, Organisator des Events, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die ‹shark callers› allein wissen, wie sie das machen, da gehören viele geheime Dinge dazu.» Diese Fischerei-Tradition existiere schon ewig, ungefähr seit die ersten Menschen diesen Teil der Welt bevölkert hätten, erzählt er. «Auch das Festival gab es eigentlich schon immer, aber irgendwann ist es über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden.» So um 1975 herum sei das gewesen.

Von Generation zu Generation weitergegeben

«Haie sind extrem wichtig in unserer Kultur», sagt Merebo. «Niemand anderes ruft sie, nur wir tun das.» Die Tradition wird von Generation zu Generation weitergegeben, von den Vätern an ihre Söhne. Diese gibt es vor allem in den Dörfern Kono, Messi und Kontu.

Aber der Hairuf ist kein Gruppenevent: Jeder paddelt allein hinaus auf die Bismarcksee – einem kleinen Randmeer im Pazifischen Ozean. Manche mit aufwendigem Kopfschmuck und den Körper bunt bemalt.

Die Menschen sind überzeugt: In den Haien leben die Geister der Vorfahren. Sie werden sie vor allen Gefahren beschützen, wenn sie streng die Regeln befolgen.

Einige Kilometer vom Ufer entfernt beginnen die Männer zu singen und unter Wasser mit Rasseln aus Kokosnüssen («Larung») zu schlagen. Manche sagen, die Haie würden durch den besonderen Klang hypnotisiert und direkt in die Arme der Fischer getrieben. Wahrscheinlicher ist aber, dass Haie die Laute – die im Wasser weit getragen werden – mit denen von Fischschwärmen verwechseln.

Keine harmlosen Riffhaie

Wenn der Hai in der Nähe des Bootes kreist, fängt der Fischer ihn mit einer Art Lasso. Das Tier kann sich nicht mehr befreien. Dann schlägt er es mit einem Holzstock tot.

Im Dorf wird jeder, der mit einem Hai zurückkehrt, wie ein Held gefeiert. «Dieses Mal nehmen 35 »shark callers« an der Expedition teil», sagt Merebo.

«Im Schnitt werden während des Festivals etwa zehn Haie gefangen, aber einmal, in den 1960er-Jahren, waren es sogar 20.» Man könne nie wissen, wie erfolgreich die Hai-Rufer seien: «Es hängt davon ab, ob sie vorher alle Regeln befolgt und gefastet haben», betont Merebo.

Zumeist handelt es sich laut Organisator nicht um harmlose Riffhaie, sondern um solche, «die aus den Tiefen des Ozeans kommen». Bullenhaie etwa, oft auch Zitronenhaie. Die Menschen in Neuirland hätten «eine bemerkenswerte Verbindung mit diesen majestätischen Kreaturen». Das schrieb die Nachrichtenseite «Loop PNG» vor dem Start des Festivals.

Seit 2021 gilt die Tradition als nationales Event in Papua-Neuguinea, einem Land mit neun Millionen Einwohnern nördlich von Australien. Und was geschieht dann mit den Raubfischen? «Haie sind eine Delikatesse hier im Dorf», sagt Merebo. «Nichts wird verschwendet, wir essen alles vom Kopf bis zur Schwanzflosse, ausser der Haut.»

Festival setzt sich für Schutz der Meereslebewesen ein

Aber die Menschen in Kono sorgen sich um die Zukunft. Einerseits wegen des Klimawandels, denn die steigenden Meerestemperaturen haben Folgen für alle Ozeanbewohner. Andererseits gibt es kontroverse Tiefseebergbau-Projekte in der Region.

Bereits vor einigen Jahren hatte das kanadisch-australische Unternehmen Nautilus versucht, eine Metallerz-Lagerstätte in der Bismarcksee auszubeuten. Sie enthält erhebliche Mengen Kupfer, Zink, Silber und Gold.

Dagegen gab es auf vielen Inseln in der Region Widerstand. 2019 war das Projekt zunächst gescheitert. Einige Pazifik-Staaten fordern seither, alle derartigen Pläne zu stoppen.

«Tiefseebergbau könnte die Hai-Population in unserer Region drastisch reduzieren», ist Merebo überzeugt. «Die Einheimischen haben einfach nicht die Kapazitäten, die Ausländer abzuwehren, die Bergbau betreiben wollen und mit riesigen Fischereinetzen anrücken.» Das Shark Calling Festival wolle deshalb auch dazu beitragen, sich für den Schutz aller Meereslebewesen in der Region einzusetzen. Es möchte auch international über die Gefahren aufklären.

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