Im Sudan will das Militär wieder an die Macht. Der höchste Militärvertreter verkündete am Montag die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder.
Im April wurde Langzeit-Präsident Omar al-Baschir vom Militär gestürzt. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Foto: Hussein Malla/AP
Im April wurde Langzeit-Präsident Omar al-Baschir vom Militär gestürzt. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Foto: Hussein Malla/AP - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Militär will im ostafrikanischen Sudan wieder Macht erlangen.
  • Der Militärvertreter bestätigte indirekt Hinweise auf einen Militärputsch.

Im ostafrikanischen Sudan will das Militär wieder an die Macht. Der höchste Militärvertreter im Land, General Abdel Fattah al-Burhan, verkündete am Montag die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder. Er bestätigte damit indirekt sich verdichtende Hinweise auf einen Militärputsch.

Im ganzen Land werde der Ausnahmezustand verhängt, sagte al-Burhan, in Militäruniform gekleidet, während einer Fernsehansprache. Somit scheint in dem Land mit rund 44 Millionen Einwohnern der zweite Putschversuch innerhalb nur eines Monats geglückt. International hagelt es Kritik.

Putsch Sudan
Eine vom Militär geführte Übergangsregierung soll innerhalb von zwei Jahren den Weg für Wahlen im Sudan bereiten. Foto: AP - dpa-infocom GmbH

Der Souveräne Rat aus Militärs und Zivilisten sowie das Kabinett seien aufgelöst, sagte al-Burhan. Der Schritt sei notwendig, nachdem es «Chaos und Gewalt» gegeben habe. Seit Monaten kommt es im Sudan immer wieder zu Protesten von Menschen die politische und wirtschaftliche Reformen fordern. Das Militär werde den Übergang zur Demokratie vollziehen, versprach der General.

Das Ziel sei es die Führung des Landes nach Wahlen im Juli 2023 an eine zivile Regierung zu übergeben. Hinweise auf einen Putsch hatten sich am frühen Montagmorgen verdichtet. Das Internet, das Mobilfunknetz und Teile des Festnetzes waren seit den frühen Morgenstunden nicht mehr zugänglich. Dies meldete die britische Organisation Netblocks, die weltweit Internetsperren dokumentiert.

Abdullah Hamduks Standort ist noch unbekannt

Der Aufenthalt des Premierministers Abdullah Hamduk ist ungeklärt. Hamduk sei von Angehörigen des Militärs an einen unbekannten Ort verschleppt worden. Dies hiess es in einer Mitteilung auf der offiziellen Facebook-Seite des Informationsministeriums.

Demnach habe Hamduk sich geweigert, den Putsch zu unterstützen. Er habe die sudanesische Bevölkerung aufgerufen, «am Frieden festzuhalten und die Strassen zu besetzen, um die Revolution zu verteidigen».

Khartum, Putsch
Sudanesische Streitkräfte vertreiben Zivilisten von einer Strasse in Khartum. Die Soldaten sollen versucht haben, die seit Wochen andauernde Sitzblockade im Zentrum der Hauptstadt mit Gewalt aufzulösen. Foto: AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Ein dpa-Reporter vor Ort beobachtete, dass Tausende auf den Strassen Khartums gegen die Übernahme der Regierung durch die Armee demonstrierten. In der Hauptstadt waren Schüsse zu hören; Barrikaden standen in Flammen. Nach Angaben eines Augenzeugen wurde über die Lautsprecher der lokalen Moschee im Wohnviertel Riad zum zivilen Widerstand aufgerufen. Eine nahe gelegene vierspurige Strasse sei von Demonstranten mit Steinen und Reifen blockiert worden, sagte der Augenzeuge.

Macron verlangt die Freilassung

Mitglieder der Übergangsregierung und mehrere Minister seien ebenfalls festgenommen worden, so das Informationsministerium. Der Al-Burhan äusserte sich nicht zum Verbleib Hamduks oder der anderen Regierungsmitglieder. Das Militär habe die Zentralen von Radio- und Fernsehsendern in Omdurman nahe der Hauptstadt Khartum gestürmt.

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlangten die Freilassung Hamduks. Macron schrieb auf Twitter: «Ich spreche der sudanesischen Übergangsregierung unsere Unterstützung aus.» Den Versuch eines Militärputsches verurteile man aufs Schärfste.

Putsch Sudan
Brennende Reifen auf den Strassen von Khartum. In der sudanesischen Hauptstadt wird gegen die Machtübernahme durch das Militär protestiert. Foto: Uncredited/New Sudan NNS/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Auch die USA zeigten sich bereits nach den ersten Berichten über einen Umsturzversuch «zutiefst alarmiert». Sie drohten mit der Aussetzung von Hilfsgeldern. Ein gewaltsamer Umsturz würde die demokratischen Bestrebungen des sudanesischen Volkes untergraben. Und sei «vollkommen inakzeptabel», schrieb der US-Sondergesandte für die Region, Jeffrey Feltman, auf Twitter.

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen sollte. Es folgten zahlreiche Reformen, wodurch sich das ölreiche, aber verarmte Land aus einer jahrzehntelangen Isolation befreien konnte.

Putsch Sudan
Demonstranten feiern in Khartum die Absetzung von Präsident Omar al-Bashir. Foto: Ala Kheir - dpa-infocom GmbH

Im Mai gewährten internationale Geber dem Sudan einen milliardenschweren Schuldenerlass, um den friedlichen Übergang zur Demokratie zu unterstützen. Allerdings hat sich die wirtschaftliche Lage für viele Menschen nicht verbessert: Nach Angaben der Vereinten Nationen sind die Preise für Lebensmittel und Treibstoff in den vergangenen Monaten in die Höhe geschossen.

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