Piñera schliesst Rücktritt trotz Massenprotesten aus
Der chilenische Präsident Sebastián Piñera schliesst trotz der teilweise gewaltsamen Massenproteste in seinem Land einen Rücktritt aus.

Das Wichtigste in Kürze
- Chile von Ausschreitungen, Plünderungen und Erdbeben erschüttert.
Er räumte am Dienstag aber eine Mitverantwortung für die aktuellen Probleme ein. Zuvor hatte es am Montag erneut lautstarke Proteste von zehntausenden Menschen gegeben, bei denen der Rücktritt Piñeras gefordert wurde. Das Land wurde zudem von Plünderungen und einem Erdbeben der Stärke 6,1 erschüttert.
Piñera wies in einem Interview mit der britischen BBC einen Rücktritt zurück. Er sagte, die Probleme Chiles hätten sich «seit 30 Jahren angehäuft». Piñeras Beliebtheitswert ist laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Cadem auf 13 Prozent gesunken - und damit auf den niedrigsten Wert für einen Staatschef seit der Rückkehr Chiles zur Demokratie 1990. Zugleich sprachen sich 87 Prozent der Befragten dafür aus, die Verfassung Chiles, die noch aus der Zeit des Diktators Augusto Pinochet (1973-90) stammt, zu verändern. Der Milliardär Piñera war im März 2018 für seine aktuelle Amtszeit vereidigt worden. Er stand bereits von 2010 bis 2014 an der Spitze des Staates.
Die regierungskritischen Proteste in Chile begannen vor gut drei Wochen. Bei den Protesten wurden inzwischen nach Angaben der Staatsanwaltschaft 20 Menschen getötet. 150 Demonstranten erlitten Augenverletzungen. Am Montag (Ortszeit) wurden erstmals Barrikaden in der Nähe des Handelszentrums Costanera Center errichtet, das als höchster Wolkenkratzer Südamerikas ein Symbol für den wirtschaftlichen Aufstieg des Landes in den vergangenen Jahrzehnten ist. Mindestens eine Polizistin erlitt Verletzungen im Gesicht, als sie von einer Brandbombe getroffen wurde. Plünderungen wurden aus Viña del Mar, Valparaíso und Concepción gemeldet.
In Chile hat sich ein Klima der Unsicherheit breit gemacht. Piñera entschied in der vergangenen Woche, dass das Land die geplante UN-Klimakonferenz (COP25) Anfang Dezember nicht ausrichten könne. Auch das für den 16. und 17. November vorgesehene Gipfeltreffen des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (Apec) soll nicht wie geplant in Santiago de Chile stattfinden.
Die Schäden, die durch die sozialen Unruhen entstanden, werden inzwischen auf umgerechnet rund 800 Millionen Euro veranschlagt. Nach dem Erdbeben, das sich am Montag um 18.35 Uhr Ortszeit ereignete, wurden keine Schäden bekannt. Das Zentrum des Bebens lag bei Illapel, die Erschütterungen waren auch in der Hauptstadt zu spüren.