Erst kündigt der Regierungschef aus dem Nichts den Rücktritt an, dann präsentiert Putin gleich einen Nachfolger. In Russland überschlagen sich die Ereignisse.
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Hier sind jetzt alle Stühle freigeworden: Russlands Präsident Wladimir Putin (l) und Dmitri Medwedew vor einer Kabinettssitzung. Foto: Dmitry Astakhov/Pool Sputnik Government/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bereits am Donnerstag soll über die Nachfolge Medwedews diskutiert werden.
  • Putin hat als Wunschkandidaten den Steuerbehörden-Chef, Michail Mischustin vorgeschlagen.

Erst kündigt der russische Regierungschef Medwedew aus dem Nichts seinen Rücktritt an, dann zaubert auch Kremlchef Putin gleich einen Nachfolger hervor. In Russland überschlagen sich die Ereignisse. Das letzte Wort hat aber das Parlament - zumindest auf dem Papier. Das Parlament will schon am Donnerstag über die Nachfolge beraten.

Ab den frühen Morgen wollen die Abgeordneten in den einzelnen Fraktionen dies diskutieren, teilte die Pressestelle der Duma mit. Zuvor hatte Kremlchef Putin den Leiter der Steuerbehörde, Michail Mischustin, als seinen Wunschkandidaten für den Posten vorgeschlagen.

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Russlands Präsident Wladimir Putin (r.) und Ministerpräsident Dmitri Medwedew bei einer Kabinettssitzung. Foto: Alexei Nikolsky/Sputnik/Kremlin Pool/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Parlament muss Putins Vorschlag zwar noch bestätigen, das gilt aber als Formsache. Einige Parteien gaben bereits bekannt, die Kandidatur unterstützen zu wollen. Politisch ist der 53 Jahre alte Wirtschaftsexperte Mischustin, der die Steuerbehörde seit zehn Jahren führt, bislang kaum in Erscheinung getreten. Beobachter gehen auch davon aus, dass er als eine Art Übergangspremier arbeiten könnte.

Regierung trat am Mittwoch zurück

Medwedew hatte am Mittwoch seinen Rücktritt bekanntgegeben. Auch sein Kabinett wurde aufgelöst. Als Grund gab Medwedew an, den Weg frei für Veränderungen zu machen. Die Regierung stand wegen der Wirtschaftskrise im Land unter grossem Druck.

Eine umstrittene Rentenreform hatte zudem in den vergangenen Jahren für grossen politischen Zündstoff gesorgt. Medwedew selbst ist in Russland auch sehr unbeliebt, es gab immer wieder Proteste der Opposition gegen ihn.

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Wladimir Putin (r), Präsident von Russland, und Dmitri Medwedew, Ministerpräsident von Russland, sprechen bei einer Kabinettssitzung. Medwedew hat nach Berichten der russischen Staatsagentur Tass den Rücktritt der gesamten Regierung angekündigt. - dpa

Der 54-jährige Medwedew war von 2008 bis 2012 Präsident Russlands. Danach übernahm der aus St. Petersburg stammende Jurist von Putin den Posten des Regierungschefs. Zudem ist er Vorsitzender der Kremlpartei Geeintes Russland.

Medwedew soll nun gemeinsam mit Putin den Sicherheitsrat leiten. In diesem Gremium werden für Russland dringende aussen- und sicherheitspolitische Fragen erörtert. Bei solchen Sitzungen sind unter anderem auch der Aussen- und Verteidigungsminister dabei.

Putin hielt Rede zur Nation

Wenige Stunden vor der Rücktrittserklärung hatte Putin in seiner traditionellen Rede zur Nation eine Stärkung des Parlaments vorgeschlagen. Konkret geht es darum, dass das Unterhaus, die Duma, künftig entscheiden soll, wer Ministerpräsident und dessen Stellvertreter werden. Auch über die einzelnen Minister soll das Parlament bestimmen. Bislang liegt all das in der Hand des Präsidenten.

Welche Auswirkungen diese Ankündigung auf die Zukunft Putins als Staatschef hat, ist unklar. Viele Experten glauben, dass sich Putin so auch nach dem Ende seiner Amtszeit 2024 an der Macht halten wolle.

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