Über die Grenzregion zwischen Indien und Bangladesch ist der stärkste Zyklon seit mehr als 20 Jahren hinweggefegt und hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Umgestürzter Baum in Kolkata
Umgestürzter Baum in Kolkata - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Weite Gebiete sind in Bangladesh durch Sturm verwüstet und überschwemmt.
  • Mehr als 80 Menschen sind gestorben, rund eine halbe Million soll ihr Haus verloren haben.

Mehr als 80 Menschen kamen ums Leben, wie die Behörden beider Länder am Donnerstag mitteilten. Der Sturm machte Häuser dem Erdboden gleich, entwurzelte Bäume und zerstörte Strommasten. Zahlreiche Dörfer und Städte wurden überflutet. Sowohl in Indien als auch in Bangladesch begannen die Aufräumarbeiten.

Wind mit bis zu 165 Stundenkilometern

In der Nacht zum Donnerstag tobte der Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 165 Stundenkilometern über der Region und riss Dutzende Menschen in den Tod. Im indischen Bundesstaat Westbengalen kamen nach Angaben von Regierungschefin Mamata Banerjee mindestens 72 Menschen ums Leben. Bangladesch meldete mindestens zwölf weitere Todesopfer. Der Sturm schwächte sich ab, als er durch Bangladesch in Richtung Norden weiterzog, in Teilen des Landes gingen aber noch heftige Regenfälle nieder und überschwemmten das Landesinnere.

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Evakuierung einer Insel in Bangladesch. - District Administration of Bhola/AFP

Das UN-Büro in Bangladesch ging davon aus, dass eine halbe Million Menschen ihr Zuhause verloren haben könnten. Mehrere Millionen Menschen - mindestens zehn Millionen allein in Bangladesch - waren am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) nach wie vor ohne Strom.

Sie habe noch nie eine «Katastrophe dieses Ausmasses» erlebt, sagte Banerjee. «Die Situation ist besorgniserregender als die Coronavirus-Pandemie. Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen», sagte die Regierungschefin des indischen Bundesstaates Westbengalen. In Kolkata, der Hauptstadt des Bundesstaats, wurden die Strassen überschwemmt, in grossen Teilen der 15-Millionen-Einwohner-Metropole fiel der Strom aus.

Notunterkünfte bangen wegen Coronavirus

Trotz der Zerstörungen schien die Region im Vergleich zu früheren Unwettern glimpflich davongekommen zu sein. Die Erleichterung darüber, dass eine hohe Zahl von Todesopfern vermieden werden konnte, war überschattet von der Furcht, dass sich in den überfüllten Notunterkünften das Coronavirus ausbreiten könnte. Insgesamt waren mehr als drei Millionen Menschen im Vorfeld aus Küstengebieten in Sicherheit gebracht worden. Um die Abstandsregeln einhalten zu können, wurden besonders viele Notunterkünfte benötigt. In beiden Ländern waren die Corona-Infektionszahlen zuletzt stark angestiegen.

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Der Wirbelsturm «Amphan» hat rund eine halbe Million Menschen ihr Zuhause gekostet. - dpa-infocom GmbH

«Wir fürchten den Zyklon, aber wir fürchten auch das Coronavirus», sagte Sulata Munda, eine Dorfbewohnerin in Bangladesch, der Nachrichtenagentur AFP. Die Mutter von vier Kindern sowie weitere Dorfbewohner hatten aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus entschieden, sich nicht in die Notunterkünfte zu begeben.

«Wie mit dem Bulldozer plattgewalzt»

Nach Angaben der bangladeschischen Behörden wurden die Sundarban-Inseln in der Grenzregion zwischen Indien und Bangladesch vom Zyklon schwer getroffen. Das genaue Ausmass der Schäden sei aber noch unklar, sagte Forstbehördenleiter Moyeen Uddin Khan. Ein Bewohner des indischen Teils der Sundarbans schilderte, die Häuser in der Region sähen aus «wie mit dem Bulldozer plattgewalzt».

Der Wirbelsturm «Amphan» ist vom Satelliten aus gut sichtbar.
Der Wirbelsturm «Amphan» ist vom Satelliten aus gut sichtbar. - sda - KEYSTONE/AP

Die Sundarbans gehören zum Unesco-Weltnaturerbe und sind berühmt für ihre Mangrovenwälder und Bengalischen Tiger. Sie erstrecken sich über beide Länder und lagen genau im Weg des Zyklons.

Bangladesch und der Osten Indiens werden regelmässig von Wirbelstürmen heimgesucht. 1999 starben in Odisha fast 10.000 Menschen durch einen Zyklon. 1991 wurden in Bangladesch fast 140.000 Menschen durch von einem Zyklon ausgelöste Stürme und Überschwemmungen getötet.

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