Korruptions-Skandal: Das droht Wolodymyr Selenskyj jetzt
Mitten im Krieg wird die Ukraine von einem massiven Korruptions-Skandal erschüttert – und Präsident Wolodymyr Selenskyj gerät zunehmend unter Druck.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein massiver Korruptions-Skandal erschüttert die Ukraine mitten im Krieg.
- Laut Experte muss Selenskyj radikal reformieren, um Vertrauen und Reputation zu retten.
- Die internationale Unterstützung bleibe stabil, wenn die Ukraine die Korruption bekämpfe.
In der Ukraine erschüttert ein massiver Korruptionsskandal das politische Machtgefüge. Das nationale Antikorruptionsbüro setzte mehrere Verdächtige in Untersuchungshaft.
Es ist das Ergebnis einer 15-monatigen Ermittlung mit über tausend Stunden abgehörter Gespräche.
Das Netzwerk soll sich systematisch an Aufträgen für Schutzvorrichtungen gegen Luftangriffe bereichert haben. Pro Auftrag sollen zehn bis 15 Prozent Bestechungsgeld einkassiert worden sein.
Im Zentrum der Ermittlungen steht Timur Minditsch, ein langjähriger Vertrauter von Wolodymyr Selenskyj. Der Geschäftsmann gilt als ehemaliger Partner des Präsidenten im TV-Geschäft.
Der Schaden wird auf mehr als 80 Millionen Euro geschätzt – der grösste Korruptionsfall seit Beginn der russischen Invasion.
«Skandal im ungünstigsten Moment»
Noch ist unklar, welche politischen Akteure der Korruptionsskandal belasten wird.
Für Nicolas Hayoz, emeritierten Professor für Politikwissenschaft Osteuropa, steht aber fest: «Sicher ist nur, dass dieser im ungünstigsten Moment publizierte Skandal das Land stark erschüttern wird.»
Und dieser Skandal werde ziemlich viele Politiker, die daran beteiligt waren, zu Fall bringen. Ob auch Präsident Selenskyj betroffen sein werde, bleibe offen.
Sicher sei jedoch, dass der Fall für Selenskyj «ein riesiger Prestige- und Vertrauensverlust» sei und «radikale Reformen nötig» würden. Das werde auch das Ausland verlangen, das der Ukraine beistehe und helfe, den Krieg nicht zu verlieren.
«Ein mafiaähnliches System»
Besonders brisant findet Hayoz: «Dass sich in der Entourage von Selenskyj im Verlauf des Krieges eine Art kleines mafiaähnliches System etablieren konnte.» Etwas, «das man in der Regel eher von Russland gewöhnt» sei.

Noch könne Selenskyj den Schaden begrenzen, wenn er jetzt entschlossen handle: Er müsse «radikal ‹durchgreifen›» und sein gesamtes Macht- und Regierungssystem umbauen.
Gelinge ihm das nicht, drohten «weitere grosse Massenproteste» und «seine Reputation wäre definitiv beschädigt.»
«Es kann während dem Krieg keine Wahlen geben»
Dass Selenskyj mitten im Krieg um sein Amt fürchten muss, schliesst Hayoz aus: «Es kann während dem Krieg keine Wahlen geben.»
Sollte er jedoch selbst in den Strudel des Skandals geraten, bräuchte das Land «eine ‹Notstandsregierung›. Oder eine ‹Regierung der nationalen Einheit› – mit oder ohne Selenskyj».
Die internationale Unterstützung sieht Hayoz vorerst nicht gefährdet – ausser, «wenn der Skandal politisch und rechtlich nicht bewältigt würde.»
Europa müsse der Ukraine ohnehin beistehen: «Die Europäer wissen, dass die Ukraine auch ihre Freiheit verteidigen. Wenn die Ukraine den Krieg verliert, dann haben die Europäer einige Probleme mehr…»
Auch für den EU-Beitrittsprozess erwartet Hayoz keine unmittelbaren Folgen. Solange die Ukraine jetzt «rasch Fortschritte macht», die Korruption bekämpft und weitere Reformen vorantreibt.

















