Die radikalislamische Hamas hat am frühen Mittwochmorgen erneut dutzende Raketen in Richtung Israel abgeschossen. Israel griff weitere Ziele im Gazastreifen an.
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Raketen werden aus Gaza auf Israel abgefeuert - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern spitzt sich immer mehr zu.
  • Beide Seiten feuern immer wieder Raketen ab – die Opferzahlen steigen in beiden Lagern.
  • Der gegenseitige Beschuss hielt auch in der Nacht zum Mittwoch an.
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Im Grossraum Tel Aviv ist am Mittwoch erneut Raketenalarm ausgelöst worden. Heulende Warnsirenen waren am Abend zu hören. Es war die dritte Angriffswelle seit Dienstagabend. Die Küstenmetropole – Israels Wirtschaftszentrum – war in der Nacht zum Mittwoch so heftig mit Raketen beschossen wie nie zuvor.

In mehreren Orten im Süden Israels schlugen nach Angaben von Rettungskräften am Abend Raketen ein. Wie der israelische Rettungsdienst Magen David Adom mitteilte, mussten in Sderot und Aschkelon mehrere Verletzte behandelt werden.

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Racketen werden von Gaza in Richtung Israel abgefeuert. - Keystone

Israel tötet hochrangige Hamas-Vertreter, Israelischer Soldat getötet

In Israel ist ein sechsjähriger Junge durch eine Rakete aus dem Gazastreifen getötet worden. Das Kind sei am Mittwoch in der südisraelischen Stadt Sderot getroffen und tödlich verletzt worden. Dies teilten Rettungskräfte von der Freiwilligenorganisation United Hazalah mit.

Bei einem Angriff militanter Palästinenser im Gazastreifen ist am Mittwoch auf der israelischen Seite der Grenze ein Soldat getötet worden. Die israelische Armee teilte mit, der 21-Jährige sei durch eine Panzerabwehrrakete getroffen worden. Für den Angriff, bei dem weitere Soldaten verletzt wurden, sei die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas verantwortlich.

Bei gezielten Angriffen im Gazastreifen sind mehrere hochrangige Vertreter der dort herrschenden Hamas getötet worden. Dies geben die israelischen Armee und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet an.

Diese stünden Mohammed Deif nahe und seien Teil des militärischen Stabs der Hamas, erklärten Armee und Geheimdienst am Mittwoch.

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Nach israelischen Luftschlägen steigen über Gaza Rauchsäulen auf. - Keystone

Deif ist ein legendärer Militärchef der islamistischen Hamas. Israel hat jahrelang immer wieder vergeblich versucht, ihn zu töten. Die Einsätze gegen die Hamas-Vertreter erfolgten den israelischen Angaben zufolge gleichzeitig in Chan Junis und Gaza.

Weitere Details wurden zunächst nicht genannt. Die Namen der Getöteten sollten später veröffentlicht werden.

Weitere Raketen am Mittwochmorgen

Die radikalislamische Hamas hat nach eigenen Angaben in der Nacht zum Mittwoch erneut dutzende Raketen abgeschossen. Der bewaffnete Arm der Hamas teilte mit, er feuere derzeit 110 Geschosse auf Tel Aviv ab. Weiter 100 sollen auf die Stadt Beerscheva abgefeuert werden.

Die Attacke sei eine Antwort auf den Angriff des israelischen Militärs vom Dienstag auf ein Hochhaus im Gazastreifen. Die Hamas werde keinen Rückzieher machen, sagte ein Sprecher der militanten Islamisten im Gazastreifen. «Wenn Israel zuschlägt, schlägt der bewaffnete Widerstand zurück.»

In der Küstenmetropole Tel Aviv ist am frühen Mittwochmorgen binnen kurzer Zeit mehrfach Raketenalarm ausgelöst worden. In der Stadt waren heulende Warnsirenen und mehrere Explosionen zu hören.

Über 1000 Raketen abgefeuert

Militante Palästinenser im Gazastreifen haben nach Angaben der israelischen Armee bislang mehr als 1000 Raketen auf Israel abgefeuert. Rund 850 Raketen seien abgefangen worden oder in Israel niedergegangen. Etwa 200 weitere seien noch im Gazastreifen niedergegangen, sagte Militärsprecher Jonathan Conricus am Mittwochmorgen.

«Familien werden aufgeweckt und eilig in Schutzräume gebracht», hiess es auf der Twitter-Seite der israelischen Armee. Nach Medienberichten wurden in Lod bei Tel Aviv bei den Raketenangriffen ein Mann und ein Mädchen getötet. In Jehud, ebenfalls im Grossraum Tel Aviv, sei ein Haus direkt getroffen worden.

Israel
Der zerstörte «Hanadi-Turm» im Gazastreifen: Büros von Mitgliedern des Hamas-Politbüros und Sprechern der islamistischen Palästinenserorganisation liegen nach einem Angriff der israelischen Armee in Schutt und Asche. - Keystone

Bereits am Dienstagabend war nach Angaben einer Rettungsorganisation eine Frau in der Stadt Rischon Lezion bei einem direkten Einschlag verstorben. Insgesamt starben damit seit Montag fünf Israelis durch Angriffe aus dem Gazastreifen.

Israels Luftwaffe reagierte nach eigenen Angaben mit dem umfangreichsten Bombardement des Gazastreifens seit dem Gaza-Krieg von 2014. Die Armee teilte mit, sie habe in den vergangenen Stunden «eine Reihe wichtiger Terrorziele und Terroraktivisten im Gazastreifen getroffen». Dabei soll es sich um Häuser mehrerer hochrangiger Mitglieder der Hamas gehandelt haben.

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Rauch und Flammen nach einem israelischen Luftangriff auf den Gaza-Streifen. - keystone

Auch der Hauptsitz der Polizei im Gazastreifen sei bei den Luftangriffen getroffen worden, teilte das israelische Militär am Mittwochmorgen mit.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza beträgt die Zahl der seit Montag getöteten Palästinenser 48. Darunter seien 14 Kinder und drei Frauen. 304 Menschen seien verletzt worden.

Nach Angaben der israelischen Armee wurden mindestens 20 Mitglieder der islamistischen Hamas und des militanten Islamischen Dschihads getötet. Darunter hochrangige Vertreter.

Israels Verteidigungsminister spricht von längerem Militäreinsatz

Israels Verteidigungsminister Benny Gantz hat die Bürger des Landes auf einen längeren Militäreinsatz im Gaza-Konflikt eingestimmt.

Die Streitkräfte würden ihre Angriffe fortsetzen, um vollständige und langfristige Ruhe zu erzielen, schrieb Gantz am Mittwoch. Es gebe dafür kein Enddatum.

Tote und Verletzte nach Beschuss am Dienstag

Bereits am Dienstag hatten militante Palästinenser innerhalb eines Tages Hunderte Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abgefeuert. Davon wurden rund 200 abgefangen und 150 schlugen beim Start fehl.

Nach einem Raketenalarm in Tel Aviv waren im Stadtzentrum mehrere Explosionen zu hören. Es sollen über hundert Raketen auf Tel Aviv abgefeuert worden sein.

Konflikt in Nahost
Israelische Feuerwehrleute stehen neben einem ausgebrannten Bus und einem ausgebrannten Auto, nachdem diese von einer Rakete getroffen wurden. In der Stadt Cholon südlich von Tel Aviv wurde am Abend ein Bus getroffen, er brannte aus. Dabei starb nach Angaben der Rettungsorganisation Zaka eine Frau. Mindestens sechs Menschen wurden bei dem Raketenangriff verletzt. - dpa

Es war der bisher schwerste Raketenangriff auf Israels Küstenmetropole: Mindestens eine Frau wurde bei den Explosionen am Dienstagabend getötet.

Mehrere Menschen wurden nach Angaben von Sanitätern bei den massiven Raketenangriffen von Militanten aus dem Gazastreifen verletzt. In Tel Aviv waren am Abend immer wieder schwere Explosionen zu hören.

Die israelische Armee hatte zuvor ein Gebäude mit Büros zerstört. Diese sollen von Mitgliedern des Hamas-Politbüros und Sprechern der islamistischen Palästinenserorganisation im Gaza-Streifen benutzt worden sein.

Die Hamas erklärte, die Raketenangriffe seien die Antwort auf den israelischen Luftangriff auf ein Hochhaus. Bei dem Gebäude handelte es sich um das grösste und höchste im Gazastreifen.

Netanjahu kündigt harte Gegenangriffe an

Die militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad würden einen hohen Preis für die jüngsten Angriffe auf Israel bezahlen. Dies sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Dienstagabend. «Diese Operation wird Zeit brauchen, aber wir werden den Bürgern Israels die Sicherheit zurückbringen.»

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Raketen werden im Gazastreifen abgefeuert. - Keystone

Israel reagierte mit Luftangriffen

Das israelische Militär reagierte auf die hundertfachen Angriffe aus dem Gazastreifen am Dienstag mit Dutzenden Luftangriffen.

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Ein zerstörtes Gebäude in Ashkelon nach einem Raketenbeschuss aus dem Gaza. - Keystone

Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan Mitte April zugespitzt. Inzwischen sind es die heftigsten Auseinandersetzungen seit mehreren Jahren. Der Ramadan geht diese Woche zu Ende.

Konflikt in Nahost
Benjamin Netanjahu (2.v.l), Premierminister von Israel, nimmt gemeinsam mit Benny Gantz (l), Verteidigungsminister von Israel, Aviv Kochavi (2.v.r), 22. Generalstabschef der Streitkräfte von Israel, und Meir Ben-Shabbat, Sicherheitsberater von Israel, und anderen hochrangigen Beamten an einem Treffen zur Einschätzung der Lage nach den jüngsten Ereignissen im Nahostkonflikt teil. - dpa

In den vergangenen Tagen hatte es zunächst vor allem in Jerusalem heftige Zusammenstösse zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gegeben. Auslöser waren unter anderem Proteste gegen Polizei-Absperrungen in der Altstadt sowie drohende Zwangsräumungen palästinensischer Familien im Viertel Scheich Dscharrah.

Eine der zentralen Streitfragen im Nahost-Konflikt ist der Status Jerusalems. Israel beansprucht Jerusalem als «ewige und unteilbare Hauptstadt» für sich. Die Palästinenser halten am Anspruch auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Staates fest.

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