Iran will Atomprogramm ausbauen – Sorge um Militärkonflikt
Im Atomstreit kündigte Iran als Reaktion auf den westlichen Druck den Bau einer weiteren Nuklearanlage an.

Der diplomatische Streit um das iranische Atomprogramm spitzt sich weiter zu. Teheran kündigte den Bau einer weiteren Nuklearanlage an.
Damit reagierte die Islamische Republik auf westlichen Druck, endlich sein gesamtes Atomprogramm gegenüber internationalen Inspektoren offenzulegen. Gleichzeitig wächst im Nahen Osten die Sorge vor einem möglichen Angriff Israels auf den Iran und seine Atomanlagen. Aus Sicherheitsgründen reduzieren die mit Israel verbündeten USA ihr Botschaftspersonal im Irak.
Am Donnerstagvormittag nahm der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien eine Resolution an, in der formell festgestellt wurde, dass der Iran seine rechtlichen Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit der IAEA nicht erfülle. Auch die Einschaltung des UN-Sicherheitsrates wurde angedroht. Die Resolution war von Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und den Vereinigten Staaten initiiert worden.
Hinweise auf geheime Atom-Aktivitäten
IAEA-Inspektoren hatten in Einrichtungen abseits der bekannten Atomanlagen Spuren von Uran und andere Hinweise auf geheime Aktivitäten in der Vergangenheit gefunden. Nach Angaben der IAEA hat der Iran dazu jahrelang nur unglaubwürdige Erklärungen geliefert.
Irans Aussenministerium und Atomorganisation verurteilten die Resolution scharf. Sie basiere auf grundlosen, politisch motivierten Anschuldigungen, hiess es in der Stellungnahme. Sie kündigten an, dass «an einem sicheren Ort» eine neue dritte Anreicherungsanlage für Uran errichtet werde. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Isna. Im Vorfeld der Resolution hatte der Iran auch mit einem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag gedroht, der es Ländern ohne Nuklear-Arsenal verbietet, an solche Waffen zu gelangen.
Die politische Führung des Iran beteuert immer wieder, dass sie nicht nach Atomwaffen strebt. Die IAEA und viele Staaten sind jedoch besorgt, dass die Islamische Republik immer näher an die Fähigkeit rückt, solche Waffen herzustellen. Denn der Iran produziert als einziger kernwaffenfreier Staat Uran mit beinahe waffentauglichem Reinheitsgrad.
Kann sich der Iran eine neue Anlage überhaupt leisten?
Dazu betreibt der Iran derzeit zwei Uran-Anreicherungsanlagen. Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, soll die angekündigte dritte Anlage in Isfahan entstehen und unterirdisch errichtet werden. In dieser Stadt im Zentraliran bestehen bereits Atomanlagen. Inspektoren der IAEA würden den Ort in Kürze besichtigen, hiess es. Die IAEA äusserte sich vorerst nicht zu den Ankündigungen aus Teheran.
Irans Atomchef Mohammed Eslami teilte mit, dass die neue Anlage «sicher und unverwundbar» sei. Er spielte damit auf mögliche militärische Angriffe an. Die Anlage sei bereits gebaut und vorbereitet, Anreicherungs-Zentrifugen müssten noch installiert werden, sagte er.
Beobachtern zufolge ist der Bau einer dritten Anreicherungsanlage jedoch nicht einfach, da sich der Iran in einer äussert desolaten Wirtschaftslage befindet. Hinzu kommt, dass der Bau die Zusammenarbeit mit der IAEA und mit der internationalen Gemeinschaft stark belasten könnte.
Dies würde laut Beobachtern zu einer weiteren Isolierung des Irans führen und das Land zu einem zweiten Nordkorea machen. Weder Irans oberster Führer Ali Chamenei noch die Regierung des als moderat geltenden Präsidenten Massud Peseschkian hätten die Absicht, ein islamisches Pjöngjang zu werden, hiess es.
Drohendes Szenario eines israelisch-iranischen Konfliktes
Ausserdem könnte eine solche Provokation auch zu einem militärischen Konflikt mit dem Erzfeind Israel führen – und den will der Iran laut den Beobachtern auch nicht. US-Medienberichten zufolge hat Israel eine mögliche Attacke auf die iranischen Atomanlagen bereits vorbereitet. Unklar sei jedoch, ob die israelische Regierung schon eine endgültige Entscheidung getroffen habe.
Hinter dem Abzug von US-Personal aus dem Irak steht die Befürchtung, dass die Führung der Islamischen Republik im Fall eines israelischen Angriffs Vergeltungsschläge gegen US-Einrichtungen in der Region anordnen könnte.
US-Präsident Donald Trump sagte dazu am Mittwoch (Ortszeit) in Washington: «Sie werden abgezogen, weil es ein gefährlicher Ort sein könnte. Wir werden sehen, was passiert.» Der Iran «kann keine Atomwaffen haben, das werden wir nicht erlauben», sagte er.
Trotzdem Verhandlungen am Sonntag geplant
Stützpunkte des US-Militärs am Persischen Golf sind nicht sehr weit vom Iran entfernt. In seinem Nachbarland Irak wiederum übt der Iran grossen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen. Zudem verfügt die Regionalmacht über Raketen, die Israels Staatsgebiet erreichen können.
Noch setzt Trump in dem Streit auf die seit April laufenden Verhandlungen mit dem Iran über eine mögliche Beschränkung seines Atomprogramms. Optimistisch ist er jedoch nicht. «Ich bin jetzt weniger zuversichtlich als noch vor ein paar Monaten», sagte er in einem am Mittwoch (US-Ortszeit) veröffentlichten Podcast.
Die bilateralen Gespräche zwischen den USA und dem Iran zum Atomprogramm sollen am Sonntag im Oman fortgesetzt werden, wie Omans Aussenminister Badr al-Bussaidi auf X bestätigte.