Eine Frau übernahm nach dem schweren Erdbeben in Haiti vor zehn Jahren die Vormundschaft für Dutzende Kinder.
Loune Viaud erdbeben
Loune Viaud sitzt an einem Tisch auf dem Gelände des Kinderheims Zanmi Beni am Rande der haitianischen Hauptstadt. Viaud übernahm die Vormundschaft für 64 Kinder. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor zehn Jahren forderte ein schweres Erdbeben in Haiti über 220'000 Todesopfer.
  • Eine Haitianerin übernahm danach die Vormundschaft für Dutzende Kinder.

Die Haitianerin Loune Viaud hatte bereits eine Tochter und zwei Adoptivsöhne, als sie die Vormundschaft für Dutzende weitere Kinder übernahm. Das Ganze fing am Tag des schweren Erdbebens in Haiti mit mehr als 220'000 Toten vor zehn Jahren an.

38 Kinder waren schon vor der Katastrophe von ihren Familien ins Generalkrankenhaus in Port-au-Prince gebracht und verlassen worden. Viele der Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und 19 Jahren haben eine körperliche oder geistige Behinderung.

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Vor zehn Jahren kam es in Haiti zu einem schweren Erdbeben. - AFP/Archiv

Viaud, die für eine medizinische Hilfsorganisation aus den USA arbeitete, fuhr gleich nach dem Beben ins Krankenhaus. Sie wollte sehen, ob sie helfen konnte. Der medizinische Direktor habe ihr vorgeschlagen, die Kinder an sich zu nehmen, erzählt sie.

Sie müsse unter Schock gestanden haben, als sie ja sagte, meint sie. «Wir hatten Angst und waren traumatisiert. Überall auf den Strassen sahen wir Leichen, und wir suchten unsere Angehörige.»

Die nächsten zwei Monate schliefen sie und ihre neuen Schützlinge in Zelten vor einem Kinderkrankenhaus. Schliesslich kaufte Viauds Organisation ein Grundstück und verwandelte es in ein Kinderheim. Die 53-Jährige ist die Leiterin und wohnt auch dort. Es wurden weitere Kinder ins Heim gebracht – heute sind es 64.

Kinder nach Erdbeben getauft

Die Kinder wurden getauft und bekamen Geburtsurkunden. Alle haben demnach am selben Tag Geburtstag wie Viaud: am 17. März. Sie tragen nun zudem alle den zusätzlichen Namen «Beni», was in der haitianischen Sprache Kreol «Segen» bedeutet.

Die meisten Kinder könnten sich nicht an ihre leiblichen Familien erinnern, erzählt Viaud. Sie habe die Eltern gesucht – ohne Erfolg.

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Eine Familie aus Port-au-Prince hat nach dem Erdbeben 2010 alles verloren. - Keystone

Im Heim Zanmi Beni am Rande von Port-au-Prince gibt es eine Bäckerei, einen Spielplatz, einen Pool und einen Fussballplatz. Es arbeiten dort 150 Menschen, darunter auch Psychiater.

«Wir haben einen kleinen Jungen, der sagt, dass seine Eltern im Erdbeben gestorben sind. Er war im Haus und hat vier Tage unter den Trümmern verbracht, bevor er gerettet wurde», erzählt Viaud. «Diese Traumata werden wahrscheinlich nie überwunden.»

Im Laufe der Jahre nach dem Erdbeben sprächen die Kinder immer weniger über das Erlebte. An den Jahrestagen des Erdbebens, wenn im Heim gesungen und getanzt werde, kämen manche dann aber doch ins Erzählen.

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