Der mächtige tunesische Gewerkschaftsverband UGTT verliert zunehmend die Geduld mit Präsident Kais Saieds Alleingängen - und hat deshalb mit einem Generalstreik am Donnerstag das öffentliche Leben lahmgelegt.
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Die tunesische Flagge. - dpa

Flüge und Schiffe von und nach Tunesien fielen aus, und auch der öffentliche Nahverkehr kam zum Erliegen. Insgesamt beteiligten sich 150 Einrichtungen des öffentlichen Dienstes und staatliche Unternehmen an dem Streik.

Hintergrund ist ein Streit um Sparpläne der Regierung. Um einen Staatsbankrott abzuwenden, will das Land einen Kredit in Milliardenhöhe beim Internationalen Währungsfonds (IWF) aufnehmen. Der IWF verlangt im Gegenzug aber unpopuläre Reformen, etwa die Gehälter im aufgeblähten öffentlichen Dienst einzufrieren und Subventionen für Energie und Lebensmittel zu kürzen. Die Regierung will dem nachkommen. Der UGTT, der mehr als eine Million Mitglieder hat, ist strikt gegen die Einsparungen, die für viele ohnehin unter der Wirtschaftskrise leidenden Tunesier schmerzhaft wären.

Es geht aber um noch mehr: Der Gewerkschaftsverband will bei Reformen nicht länger aussen vor gelassen werden. Tunesiens Präsident ist bekannt dafür, gern im Alleingang zu entscheiden. So löste er etwa eigenmächtig das Parlament auf und setzte im vergangenen Jahr den Regierungschef ab.

Nun will er die Verfassung überarbeiten und im Juli das Volk darüber abstimmen lassen. Auch dabei versucht Saied, den Einfluss von aussen gering zu halten. Damit will sich die UGTT nicht abfinden. Der Streik ist deshalb auch Ausdruck für die Forderung der Gewerkschafter nach mehr politischer Mitbestimmung. Bislang hat sich der UGTT indes nie gegen Saieds politischen Umbau des Landes als solchen gewehrt.

Bislang ist unklar, ob sich Saied von der Machtdemonstration beeindrucken lässt und einlenken wird. Beobachter glauben derweil nicht an einen Deal mit dem IWF, solange es keine Einigung zwischen der Regierung und dem mächtigen Gewerkschaftsverband gibt. Der UGTT hatte 2015 als Teil eines nationalen Dialogquartetts den Friedensnobelpreis verliehen bekommen.

Die Arbeitsniederlegung hatte erhebliche Auswirkungen auf das öffentliche Leben in dem nordafrikanischen Land. In der Hauptstadt Tunis waren sonst oft brechendvolle Metrostationen verwaist, viele Menschen versuchten händeringend ein freies Taxi zu finden. Auch Postämter blieben geschlossen, Apotheken arbeiteten nur im Notbetrieb.

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