Gazastreifen: Nach Trumps-Deal herrscht ein brutaler Machtkrieg
Nach dem jüngsten Friedensschluss eskaliert im Gazastreifen ein brutaler Machtkampf zwischen der Hamas und rivalisierenden Grossfamilien.

Das Wichtigste in Kürze
- In Gaza kommt es nach dem Friedensschluss zu heftigen Kämpfen zwischen Hamas und Clans.
- Die einflussreiche Dughmush-Familie versucht, sich als Sicherheitsakteur zu profilieren.
- Zahlreiche Zivilisten sind von der Gewalt betroffen und mussten ihre Häuser verlassen.
Nach der Unterzeichnung der jüngsten Friedensvereinbarung entbrennt im Gazastreifen ein brutaler Machtkampf. Die Hamas und rivalisierende Grossfamilien kämpfen um die Vorherrschaft in dem weitgehend zerstörten Gebiet.
Allein in den vergangenen Tagen wurden mindestens 32 Mitglieder von Clans getötet, wie die Nachrichtenagentur «Reuters» berichtet. In sozialen Medien kursiert ein Video, das die Hinrichtung von sieben Männern auf offener Strasse zeigt. Auch auf Seiten der Hamas gibt es Berichte über mindestens acht Todesopfer.
Im Süden von Gaza-Stadt, im Viertel Tel al-Hawa, kam es laut der britischen «BBC» zu heftigen Gefechten zwischen den Gruppen. Zahlreiche Familien flüchteten aus ihren Häusern. Ein Bewohner sagte, diesmal seien die Menschen nicht vor israelischen Angriffen geflohen, sondern «vor ihren eigenen Leuten».
Netanjahu hatte Clans im Gazastreifen bewaffnet – «völliger Wahnsinn«
Die Konfliktparteien machen sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich. Im Zentrum der Clan-Gefechte steht vor allem die einflussreiche Dughmush-Familie, die schon länger ein angespanntes Verhältnis zur Hamas unterhält.
Sie will offenbar ihre Stellung als Sicherheitsmacht ausbauen und nach dem Friedensschluss zu einem politischen Akteur werden. Anfang Oktober waren auch Kämpfe zwischen der Familie al-Mujaida und der Hamas in Chan Junis dokumentiert worden.
Dass die Clans im Gazastreifen zunehmend an Macht gewinnen, wird auch Israel angelastet. Premierminister Benjamin Netanjahu hatte bestätigt, dass die Armee mit einigen Gruppen im Kampf gegen die Hamas zusammenarbeitet. Diese Gruppen wurden demnach gar mit Waffen ausgestattet.
Kritiker warnen, einige Clan-Milizen könnten Verbindungen zum Islamischen Staat haben und sich an Plünderungen von Hilfsgütern beteiligt haben. Der israelische Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman bezeichnete die Kooperation mit den Clans als «völligen Wahnsinn».
Trump gibt der Hamas einen Blankoscheck
Auch die Hamas versucht, nach dem Friedensschluss ihre Präsenz im Gazastreifen zu sichern. «Reuters» berichtet, dass ihre Kämpfer wieder stärker auf den Strassen präsent sind. Die «BBC» gibt an, dass rund 7000 Sicherheitskräfte in den von Israel geräumten Gebieten stationiert wurden. Diese stünden im Einsatz, um «Gaza von Gesetzlosen und Kollaborateuren Israels zu reinigen».
US-Präsident Donald Trump scheint den Islamisten dabei zeitweise Rückendeckung zu geben. Er erklärte am Montag, die Hamas wolle die Probleme stoppen. Die USA hätten ihnen dafür «für eine gewisse Zeit die Genehmigung erteilt».

Dies widerspricht Trumps eigenem Friedensplan, der einen entmilitarisierten Gazastreifen ohne Machtbeteiligung der Hamas vorsieht. Die Islamisten lehnen eine Entwaffnung ab, obwohl sie erklärten, nicht Teil einer neuen Regierung sein zu wollen.
Hamas als auch Clans teilen islamistische Ideologien
Wer den blutigen Machtkampf letztlich für sich entscheidet, ist offen. Klar ist jedoch: Sowohl Hamas als auch Clans wie die Dughmush-Familie werden voraussichtlich weiterhin bewaffnet sein, was die Stabilität Gazas gefährdet. Zudem ist islamistisches Gedankengut unter allen Gruppen verbreitet. So dürfte selbst ohne direkte Machtbeteiligung der Hamas politische und ideologische Einflussnahme möglich bleiben.