Elfenbeinküste wählt Präsidenten in angespannter Lage
Gerade in Europa gilt die Elfenbeinküste als stabiler demokratischer Partner. Einen möglichen Wahlsieg des Amtsinhabers sehen viele mit Sorge.

Als eine der wichtigsten Demokratien Westafrikas wählt die Elfenbeinküste am heutigen Samstag einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Alassane Ouattara stellt sich mit 83 Jahren für eine umstrittene vierte Amtszeit zur Wahl. «Vor dem Hintergrund extremer Polarisierung und wachsender Spannung droht die Wahl in einem Klima des Misstrauens und der Angst stattzufinden», sagte Stefanie Brinkel, Büroleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Abidjan. Eine Krise könne schwerwiegende Folgen für die Region haben.
Die Elfenbeinküste mit rund 33 Millionen Einwohnern ist weltgrösster Kakaoproduzent und nach Nigeria die zweitgrösste Volkswirtschaft Westafrikas. Von 2002 bis 2007 erschütterte ein Bürgerkrieg die frühere französische Kolonie. Nach der Wahl 2010 brach erneut Gewalt aus, die mehr als 3000 Tote forderte. Ouattara ging als international anerkannter Präsident hervor.
Seit seinem Amtsantritt 2011 hat das Land zurück zu einer Rolle als wirtschaftlicher Motor und Partnerstaat Europas und der USA gefunden. Mehrere Nachbarn haben sich nach Militärputschen von westlichen Partnern ab- und Russland zugewandt. Die Elfenbeinküste spielt eine immer wichtigere Rolle im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen, die sich aus den Binnenländern zunehmend auch in Richtung Küste ausdehnen.
Autoritäre Tendenzen?
Ouattara werden von Opposition und Zivilgesellschaft autoritäre Tendenzen vorgeworfen. Die Verfassung erlaubt nur zwei Amtszeiten für einen Präsidenten. Ouattaras Lager beharrt aber darauf, dass die Zählung nach einer Verfassungsänderung 2016 zurückgesetzt sei und ihm damit zwei weitere Amtszeiten erlaubt seien.
Demonstrationen etwa gegen den Ausschluss prominenter Gegenkandidaten wurden verboten. Hunderte Aktivisten wurden verhaftet, dazu kam es zu teils ungeklärten Entführungen. In mehreren Städten gab es vor der Wahl Zusammenstösse und harte Polizeieinsätze. Beobachter fürchten Unruhen. Bei Protesten zur Wahl 2020 kamen nach Regierungsangaben 85 Menschen ums Leben. Laut Angaben der Opposition waren es mehr als 200.
Ex-CS-Chef Thiam nicht zur Wahl zugelassen
Gegen Ouattara treten vier Kandidatinnen und Kandidaten an. Seine zwei wichtigsten Gegenspieler – Ex-Präsident Laurent Gbagbo sowie der international bekannte Banker Tidjane Thiam – wurden jeweils mit rechtlicher Begründung nicht zur Wahl zugelassen. Stärkster Herausforderer ist nun der frühere Handelsminister Jean-Luis Billon (60), der für eine Oppositionskoalition antritt. Ausserdem kandidieren die frühere First Lady Simone Ehivet Gbagbo sowie zwei weitere ehemalige Verbündete des Ex-Präsidenten.
Den Bewerbern fehlen jedoch Ressourcen. Analysten gehen davon aus, dass Ouattara bereits in der ersten Runde siegen könnte. Erhält keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen, kommt es zu einer Stichwahl. Rund 8,7 Millionen Menschen sind wahlberechtigt.
Vier von fünf Ivorerinnen und Ivorern sind jünger als 40 Jahre. Jugendarbeitslosigkeit, steigende Lebenshaltungskosten und ein tiefes Misstrauen gegenüber politischen Institutionen prägen die Stimmung. Zwar wirbt Ouattara mit wirtschaftlichen Erfolgen, doch für viele junge Menschen bleiben Wohlstand und politische Teilhabe unerreichbar. Zweifel an der Fairness der Wahl könnten das Vertrauen in die Institutionen weiter schwächen, warnt der ivorische Politikwissenschaftler Zana Ousmane.










