Iran: Darum warnte das Mullah-Regime die USA vor Vergeltungsschlag
Nach dem US-Angriff auf seine Atomanlagen hat Iran mit einem Raketenbeschuss auf eine US-Basis reagiert – offenbar gezielt deeskalierend.

Das Wichtigste in Kürze
- Iran griff die grösste US-Basis im Nahen Osten an, warnte jedoch vorab vor dem Schritt.
- Der Schlag sollte laut Experten eher ein Signal der Deeskalation als der Eskalation sein.
- Trump verkündete später eine Waffenruhe – offizielle Bestätigungen bleiben aber vage.
Iran hat am Montagabend erstmals direkt auf den Angriff der Amerikaner vom vergangenen Sonntag gegen drei Atomanlagen reagiert. Ziel des Angriffs war die grösste US-Militärbasis des Nahen Ostens. Udeid liegt etwa dreissig Kilometer westlich der katarischen Hauptstadt Doha.
Nach Angaben aus dem Pentagon feuerte Iran Kurz- und Mittelstreckenraketen. In einer Erklärung des iranischen Nationalen Sicherheitsrats hiess es wörtlich: «Die Zahl der eingesetzten Raketen in dieser erfolgreichen Operation entsprach exakt der Anzahl der Bomben, die die USA bei ihrem Angriff auf Irans Nuklearanlagen verwendet hatten.»
Iran hatte also den grössten US-Stützpunkt im Nahen Osten beschossen. Was auf den ersten Blick wie eine Eskalation aussieht, ist mutmasslich aber das Gegenteil. Wie Donald Trump später bekanntgab, war die USA über den Angriff vorinformiert. Er bedankte sich gar bei Iran für die Vorwarnung und rief zum Frieden im Nahen Osten auf.
Offenbar hatte Iran die katarischen Behörden im Voraus über die bevorstehenden Angriffe informiert. Die dortige Regierung schloss daraufhin den eigenen Luftraum und informierte wiederum die Amerikaner, worauf das Personal der Basis evakuiert wurde. Dem Golfemirat zufolge fing die Luftabwehr schliesslich die Raketen erfolgreich ab, es gab keine Verletzte.
Angriff auf US-Basis könnte Irans Exit-Strategie gewesen sein
Der Gegenschlag des Irans erweckt also den Eindruck, dass Teheran nicht an einer weiteren Eskalation gelegen war. Obwohl das Mullah-Regime eine wichtige US-Basis direkt ins Visier genommen hat, ist der Angriff nämlich – gemessen an der nach oben offenen Skala der Eskalationsmöglichkeiten – eine massvolle Reaktion.
Wie der «Spiegel» schreibt, könnte es Irans Versuch «einer gesichtswahrenden Exit-Strategie» aus der Eskalationslogik mit den USA sein. «Der Versuch einer Deeskalation während einer Eskalation», schreibt das Magazin. Auch die «New York Times» urteilt, dass der Iran zwar symbolisch zurückschlagen musste, dies allerdings in einer Art unternahm, bei der allen Seiten ein Ausweg offen stehe.

So schätzt es auch Sicherheits- und Terrorismusexperte Peter Neumann ein. Im ARD-Brennpunkt sagt er am Montagabend: «Man muss schon zugeben, dass der Iran relativ vorsichtig vorgegangen ist.» Die Menge der Raketen, die Ankündigung des Angriffs und Ziele, die von der Luftabwehr beschützt seien. All das könnte darauf hindeuten, dass der Iran ein Signal setzen möchte, so Neumann: «Wir haben vergolten, aber wir wollen auch keine Eskalation.»
Das Kalkül Teherans: Mit dem Gegenschlag will man sich den Weg zur Deeskalation öffnen. Die von Israels Angriffen massiv geschwächte Islamische Republik wollte vermutlich keine weitere Eskalation des Konflikts. Experten zufolge hätte nämlich ein grosser Krieg das Fortdauern der iranischen Führung um Ajatollah Ali Chamenei selbst bedrohen können.
Trump verkündet Waffenruhe – Iran bestätigt, Israel schweigt
Tatsächlich scheint Teherans Exit-Strategie aufgegangen zu sein. Denn kurz nach Mitternacht (Schweizer Zeit) teilte Donald Trump mit, dass es zu einer Waffenruhe kommen werde. Der Iran sowie Israel seien eine Vereinbarung eingegangen, schrieb der US-Präsident auf seiner Online-Plattform «Truth Social». Zunächst werde der Iran für zwölf Stunden die Waffen schweigen lassen, dann Israel für zwölf Stunden. Danach gelte der Krieg als beendet, erklärte Trump.
Keine der beiden Länder äusserte sich jedoch zunächst öffentlich zu dem Statement. Schliesslich signalisierte der iranische Aussenminister zumindest eine Bereitschaft zur Waffenruhe. Demnach habe Teheran keine Absicht, seine Reaktionen fortzusetzen, sollte Israel seine Angriffe einstellen, hiess es von Abbas Araghchi. Er hielt bei X aber auch fest: Es gebe derzeit noch keine entsprechende Vereinbarung.

In einem zweiten Post etwa 15 Minuten später klang es schliesslich so, als hätte Iran seine Kampfhandlungen eingestellt. Araghchi schrieb, die Militäroperationen gegen Israel seien «bis zur letzten Minute, um 4 Uhr morgens», fortgesetzt worden. Gegen 4.30 Uhr bestätigte anschliessend Irans staatlicher Rundfunk, die Waffenruhe. Dem Feind sei diese «aufgezwungen» worden, hiess es im Live-Programm des staatlichen Fernsehens.
Fast zeitgleich heulten in Israel die Sirenen. Das israelische Militär, das früher in der Nacht selbst erneut Ziele in Teheran angegriffen hatte, meldete weiteren Raketenbeschuss aus dem Iran. Die israelische Regierung hat die Waffenruhe mit dem Iran mittlerweile auch bestätigt.