Bolivien wählt neuen Kurs: Ende der linken Ära besiegelt
Mit dem Sieg des Christdemokraten Rodrigo Paz Pereira bei der Stichwahl ums Präsidentenamt geht Bolivien neue Wege. Die Zeit der linken Regierung ist beendet.

Der 58-jährige Rodrigo Paz Pereira hat die Präsidentschaftsstichwahl in Bolivien mit einem deutlichen Vorsprung gewonnen. Seine christdemokratische Partei «Partido Demócrata Cristiano» erreichte rund 55 Prozent der Stimmen und besiegte damit den konservativen Kandidaten Jorge Quiroga.
Mit diesem Wahlergebnis endet eine politische Epoche, die fast zwei Jahrzehnte andauerte, so der «Spiegel». Die linke Regierungszeit war von Machtkämpfen zwischen Ex-Präsident Evo Morales und dem scheidenden Staatschef Luis Arce geprägt.
Die Wahlbeteiligung war hoch, da in Bolivien Wahlpflicht herrscht und knapp acht Millionen Bürger zur Stimmabgabe aufgerufen waren. Der neue Präsident wird sein Amt im November für eine fünfjährige Amtszeit antreten.
Wirtschaftskrise erfordert drastische Reformen in Bolivien
Bolivien befindet sich in einer schweren wirtschaftlichen Notlage, die sofortiges Handeln erfordert. Das südamerikanische Land kämpft laut der «Bild» mit Benzin- und Devisenmangel, sinkenden Exporten sowie einer hohen Inflationsrate.
Besonders problematisch sind die kostspieligen staatlichen Subventionen, vor allem für Treibstoffe, die den Staatshaushalt erheblich belasten. Die Menschen stehen teilweise tagelang vor Tankstellen an, um Benzin zu bekommen.

Der Binnenstaat mit seinen zwölf Millionen Einwohnern gilt als eines der ärmsten Länder Südamerikas. Die wirtschaftlichen Herausforderungen haben dazu beigetragen, dass die Wähler einen Kurswechsel wünschten.
Moderater Reformkurs mit sozialer Komponente – Kommt das Grundeinkommen für Frauen?
Paz hat seinen Wählern einen ausgewogenen Regierungsansatz in Bolivien versprochen, der wirtschaftliche Modernisierung mit sozialer Verantwortung verbindet. Er plant institutionelle Reformen und eine schrittweise Öffnung der Wirtschaft für internationale Investoren.
Unter dem Motto «Kapitalismus für alle» will der Präsident eine Steuerreform durchführen und die Industrie stärken, berichtet die «Deutsche Welle». So kündigte er er auch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für Frauen an.
Der Ökonom, der in Washington ausgebildet wurde, betonte vor seiner Stimmabgabe, eine konsensorientierte Regierung bilden zu wollen. Seine Partei kann im Parlament auf eine Mehrheit mit der Partei «Unidad» bauen, was Reformvorhaben erleichtern sollte.
Paz plant aussenpolitische Neuausrichtung – Rubio begrüsst die Wahl
In der internationalen Politik strebt Paz eine pragmatische Herangehensweise an, die alle Partner einbezieht. Besonders bedeutsam ist seine angekündigte vorsichtige Wiederannäherung an die USA nach Jahren diplomatischer Spannungen.

Die Beziehungen zu Washington waren 2008 abgebrochen, nachdem die Morales-Regierung den US-Botschafter ausgewiesen hatte. Die bisherige Regierung setzte stattdessen auf enge Verbindungen zu Venezuela, China, Russland und dem Iran.
US-Aussenminister Marco Rubio sprach laut der «Deutschen Welle» von einer Chance für einen Wandel nach «zwei Jahrzehnten der Misswirtschaft». Paz selbst berichtete von einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump und betonte, Bolivien müsse sich wieder für die Welt öffnen.