Beziehung von Russen zu Nordkorea ist «beunruhigend»
Russland und Nordkorea unterstützen sich gegenseitig mit Waffen und Technologie. Für Russland-Experte Ulrich Schmid ist das «sehr beunruhigend».

Das Wichtigste in Kürze
- Nordkorea schickt Russland Waffen und Soldaten, die erheblich im Ukraine-Krieg mitwirken.
- Im Gegenzug erhält Nordkorea russische Technologien für seine Atomwaffen.
- Für Putin ist die Kooperation eine Herausforderung.
Es ist eine sonderbare Zusammenarbeit: Russland und Nordkorea haben eigentlich kaum Gemeinsamkeiten – und doch unterstützen sich die beiden Grossmächte immer wieder gegenseitig.
Seien es Waffenlieferungen von Nordkorea nach Russland, nordkoreanische Soldaten an der Grenze zur Ukraine oder die Ausstattung Nordkoreas mit einem russischen Luftabwehrsystem.
Kim Jong Uns Unterstützung verbessert Putins Karten im Ukraine-Krieg beträchtlich. Umgekehrt profitiert Nordkorea stark von der russischen Hilfe bei der Entwicklung neuer Waffen – auch Atomwaffen.
Eine Zusammenarbeit also, die dem Westen gehörig gegen den Strich geht.
«Zweckgemeinschaft» aufgrund von internationaler Isolation
Eigentlich scheint die Kooperation von Russland und Nordkorea unwahrscheinlich. «Die beiden Länder verfügen über keine gemeinsamen Werte», sagt Ulrich Schmid, Professor für Osteuropastudien an der Universität St. Gallen.
Nicht gleiche Ziele, sondern eine andere Gemeinsamkeit habe die Nationen zusammengebracht: internationale Isolation. «Russland und Nordkorea sind nur geeint, weil sie beide vom Westen geächtet sind und mit weit reichenden Sanktionen belegt wurden.»
Eher «eine Zweckgemeinschaft» als eine Allianz also, sagt Schmid. Zumindest für den Moment sei die Kooperation für beide Länder «eine Win-Win-Situation».
Wichtige Unterstützung im Ukraine-Krieg
Die Annäherung zu Nordkorea sei Teil der «skrupellosen Aussenpolitik», die Russland führe, so Schmid.
Für Russland ist Nordkorea nämlich insbesondere eine wichtige militärische Unterstützung im Ukraine-Krieg. «Russland ist auf nordkoreanische Waffen, Munition und auch auf Soldaten angewiesen», so der Experte.
Dabei eignet sich Nordkorea sehr gut für diese Dienstleistungen: «Nordkorea verwendet den sowjetischen Waffenstandard und ist deshalb zu einem der wichtigsten Munitionslieferanten geworden.»
Ausserdem hat Nordkorea eine gemeinsame Grenze mit Russland sowie eine direkte Eisenbahnverbindung. Optimale Verhältnisse, denn: «So können Waffen und Munition einfach und ohne Gefahr einer Beschlagnahmung geliefert werden.»
«Diese Allianz ist beunruhigend», warnt Schmid. Bereits jetzt unterstütze Nordkorea Russland erheblich mit Waffenlieferungen. «Wenn der Westen diese Waffenlieferungen nicht durch eine verstärkte Unterstützung der Ukraine ausgleicht, könnte Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine die Überhand gewinnen.»
«Nordkorea will Atomwaffen modernisieren»
Kim Jong Un profitiert ebenfalls von den Arrangements. «Russland liefert moderne Waffentechnik, möglicherweise auch Nukleartechnologie», sagt Schmid.
Nordkorea besitze bereits Atomwaffen und wolle diese Atomwaffen mit russischer Hilfe modernisieren.
Schmid gibt zu: «Wir wissen nicht, wie gross der Technologietransfer tatsächlich ist.» Aber: «Allein die Möglichkeit ist sehr beunruhigend.»
Gratwanderung für Putin
Doch die Kooperation hat für Putin auch Schattenseiten. Sowohl innen- wie auch aussenpolitisch ist es eine Gratwanderung.
Zum einen muss Russland nämlich auf China Rücksicht nehmen. «Der chinesische Präsident ist nicht erfreut über die Annäherung zwischen Russland und Nordkorea», sagt Schmid.
Bisher sei nämlich China Nordkoreas wichtigster internationaler Partner gewesen. «Xi Jinping will diese Position nicht durch ein russisch-nordkoreanisches Rapprochement verlieren.»

Putin seinerseits «will es sich nicht mit Xi Jinping verderben», so der Russland-Experte. Denn: «China hat im Ukraine-Krieg eine Position eingenommen, die man als 'prorussische Neutralität' beschreiben kann.»
Zum anderen führt eine Kooperation mit Nordkorea auch innenpolitisch zu Konflikten. «Kim Jong Un ist auch in den Augen der russischen Bevölkerung eine toxische Figur», sagt Schmid. «Putin weiss, dass es bei der Annäherung Grenzen gibt.»
Parallelen zu deutsch-japanischer Allianz im Zweiten Weltkrieg
Die russisch-nordkoreanischen Beziehungen erinnern schon beinahe an das Bündnis zwischen Deutschland und Japan im Zweiten Weltkrieg. Zumindest vorläufig profitierten beide Länder von der Kooperation – auch wenn sie sich langfristig wohl in die Quere gekommen wären.
Putin hat die Annäherungen an Nordkorea laut Schmid nicht in einem Pakt institutionalisiert. Es gibt lediglich einen «Vertrag über eine umfassende strategische Partnerschaft» von 2024.

Darin enthalten seien «politische, wirtschaftliche und militärische Aspekte». «Die militärischen Beistandsklauseln sind allerdings unverbindlich und lassen beiden Parteien weiten Ermessensspielraum.»
«Das ist auffällig», sagt der Russland-Experte.