Berührungsverbot: Erdbeben-Retter lassen Frauen zurück
Bei Rettungsarbeiten nach einem schweren Erdbeben in Afghanistan werden Frauen zum Sterben zurückgelassen. Grund dafür ist eine Regel der Taliban.

Das Wichtigste in Kürze
- Afghanistan wurde von einem schweren Erdbeben getroffen.
- Wegen der strengen Regeln der Taliban dürfen Männer keine Frauen und Mädchen berühren.
- Sie bleiben schwerstverletzt und ohne Hilfe in den Trümmern zurück.
Ein heftiges Erdbeben erschütterte Afghanistan am 1. September. Rund 2200 Menschen kamen dabei ums Leben, mindestens 3600 wurden verletzt — darunter auch zahlreiche Frauen und Kinder.
Doch insbesondere Frauen verharren unter den Trümmern der Häuser vergeblich, wie die «New York Times» berichtet.
Eingeklemmt, schwer verletzt und blutend warten sie auf Rettung — die zwar da ist, sich jedoch nicht um sie kümmert.
Der Grund: Die Rettungsteams bestehen ausschliesslich aus Männern. Und diese dürfen, so die Regelung der Taliban, die Frauen nicht berühren.
Frauen müssen nach Erdbeben einsam sterben
Auch der Versuch der Frauen, sich allein Hilfe zu suchen, ist aussichtslos. Reisen ohne männliche Begleitung wurde nämlich ebenfalls verboten.
In den Spitälern zeigt sich das Leid nochmals auf einer neuen Ebene. Die Betten sind einzig und allein von Männern besetzt.
Keine Spur von weiblichen Ärztinnen: Die Taliban haben den Frauen verboten, in medizinischen Berufen zu arbeiten. Es gibt also auch niemanden, der sich um verletzte Frauen und Mädchen kümmern kann.
«In einer Ecke versammelt und vergessen»
Gegenüber der «New York Times» berichtete die junge Aysha aus Andarluckak, man habe die Frauen links liegengelassen.
Die Rettungsteams würden nur verletzte Männer aus dem Schutt holen. Heranwachsende Frauen und Mädchen seien, obwohl viele bluteten, einfach beiseitegeschoben worden.
«Sie haben uns in einer Ecke versammelt und vergessen», sagt die 19-Jährige. Ein Appell der Weltgesundheitsorganisation an die Taliban, die strengen Regeln ausnahmsweise zu lockern, blieb bisher unbeantwortet.