Erst vor wenigen Tagen haben sich die Türkei und Russland auf eine Waffenruhe in der syrischen Provinz Idlib geeinigt. Mehrere Seiten berichten aber über Verstösse. Auch die humanitäre Situation in der Rebellenhochburg bleibt kritisch.
Idlib Flüchtlingslager
Zwei Kinder gehen an der provisorischen Zeltstadt vorbei. - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe für Syriens letztes grosses Rebellengebiet um die Stadt Idlib ist nach Angaben von Aktivisten brüchig.

Truppen der syrischen Regierung von Präsident Baschar al-Assad hätten mehrere Dörfer in der Provinz angegriffen. Nach schwerem Beschuss durch Rebellen habe die Armee sich wieder zurückgezogen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Allgemein herrsche «angespannte Ruhe» in der Region.

Auf die Waffenruhe hatten sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein russischer Kollege Wladimir Putin am Donnerstag in Moskau geeinigt. Die Türkei unterstützt in Syrien Rebellen und hat dort auch eigene Truppen im Einsatz. Russland steht auf der Seite des syrischen Präsidenten Assad mit seiner Armee. Die Vereinbarung kam nach einer Eskalation in der Region zustande, bei der auch zahlreiche türkische Soldaten getötet wurden. Der dritte Tag der Waffenruhe begann in der Nacht zum Sonntag.

Auch Russland berichtete von Verstössen gegen die Vereinbarung. Von mindestens 19 sprach das Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Unklar war zunächst, auf welchen Zeitraum sich das genau bezog. Das russische Militär beschuldigte Anhänger illegal bewaffneter Gruppen für die Schüsse. Die Verantwortlichen sollten «bewaffnete Provokationen aufgeben», hiess es. Russland bezeichnet in der Regel alle Gegner Assads als Terroristen.

Der türkische Sender CNN Türk berichtete dagegen, die Waffenruhe halte. Am Samstag hatte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bereits erklärt, dass es seit Inkrafttreten «keine Verletzungen der Feuerpause» gegeben habe. Auf etwaige Angriffe auf türkische Beobachtungsposten und Truppen in Idlib werde Ankara auf «härteste» Weise antworten, warnte der Minister laut einem Bericht der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. In den kommenden Tagen wird nach den Worten Akars eine Delegation des russischen Militärs in Ankara erwartet.

Idlib ist nach fast neun Jahren Bürgerkrieg das letzte grosse Rebellengebiet in Syrien. Regierungstruppen hatten im vergangenen Jahr eine Offensive begonnen. Zuletzt konnten sie wichtige Geländegewinne erzielen. Dabei kam es auch zu blutigen Zusammenstössen mit der türkischen Armee.

Durch die Eskalation hat sich die humanitäre Lage dramatisch zugespitzt. Nach UN-Angaben sind seit Dezember fast eine Million Menschen vor Angriffen, Kämpfen und den heranrückenden Truppen der Regierung in Richtung türkischer Grenze geflohen.

Das Abkommen zwischen Putin und Erdogan sieht auch einen «Schutzkorridor» entlang der wichtigen Schnellstrasse M4 vor, die durch das Rebellengebiet führt. Die russische und türkische Armee wollen dort vom 15. März an gemeinsam patrouillieren. Nach Kremlangaben begrüsste Assad das Ergebnis der russisch-türkischen Gespräche. Rebellen bewerteten die Einigung jedoch skeptisch. Schon früher waren Waffenruhen für Idlib vereinbart worden, die jedoch scheiterten.

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