Nach Waldbrand auf Hawaii: Überlebende berichten von Ausbeutung
Die Hafenstadt Lahaina auf der Insel Maui wurde bei einem Waldbrand 2023 zerstört. Seither werden viele Überlebende zum Opfer sexueller Ausbeutung.

Das Wichtigste in Kürze
- Die hawaiianische Stadt Lahaina brannte vor zwei Jahren nieder.
- Daraufhin haben die Vorfälle häuslicher Gewalt zugenommen.
- Eine von sechs Frauen hat sich auf sexuelle Handlungen als Tauschgeschäft eingelassen.
Im August 2023 fegten starke Busch- und Walbrände über die hawaiianische Insel Maui. Das bei Touristen beliebte Städtchen Lahaina fiel den Flammen zum Opfer.
Zurück blieben von der beschaulichen Fischerstadt nur verkohlte Ruinen – und verzweifelte Überlebende.
Bis April 2025 wurden lediglich 10 der über 2000 zerstörten Häuser in Lahaina wieder aufgebaut. Noch immer leben die meisten in Notunterkünften – das macht sie vulnerabel.
Die Vorfälle häuslicher Gewalt haben in den Jahren 2023 und 2024 laut der Polizei auf der Insel Maui zugenommen. Zudem sind nach dem verheerenden Waldbrand die Anträge auf einstweilige Verfügungen gestiegen, so Mitarbeitende der Justizbehörden.
In den ersten zwei Monaten nach dem Feuer haben sich die Anrufe bei einer Krisenhotline für Frauen mehr als verdoppelt.
Im Rahmen einer Studie wurde nun untersucht, wie der Brand die geschlechtsspezifischen und rassischen Ungleichheiten auf Maui verstärkt hat. Durchgeführt wurde die Untersuchung von der feministischen Organisation Tagnawa.
Die Ergebnisse sind erschreckend: Eine von sechs weiblichen Überlebenden des Feuers hat sich zu sexuellen Handlungen gezwungen gefühlt. Im Austausch dafür erhielten sie lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel, Kleidung, Geld oder ein Dach über dem Kopf.
Besonders zugewanderte Frauen und andere Personen mit begrenzten Englischkenntnissen fühlten sich dem Bericht zufolge in den Notunterkünften isoliert und unsicher. Einige übernachteten deshalb mit ihren Kindern in Fahrzeugen – oder liessen sich für eine Unterkunft auf «Überlebenssex» ein.
Touristen sorgen für verschärfte Wohnungsnot
«Der Waldbrand entfachte toxische Männlichkeit», schreiben die Autoren in ihrer Studie. Weibliche Überlebende berichteten davon, dass einige Männer als «Machos» auftraten und zurückblieben, um ihr Haus vor den Flammen zu schützen. Dies, obwohl ihre Partnerinnen sie baten, mit ihnen zu fliehen.
Die Folge: Ein unverhältnismässig hoher Anteil männlicher Todesopfer bei dem Feuer.
Die männliche Aggression habe ebenfalls zugenommen, weil nur zwei Monate nach der Katastrophe Touristen wieder auf die Insel gelassen wurden.
Dadurch wurde die Wohnungskrise verschlimmert. Ein «Gefühl der Machtlosigkeit und des Zweitklassenstatus» habe sich daraufhin unter den Überlebenden des Feuers breit gemacht.
Risikofaktoren durch Waldbrand verstärkt
Vor dem Brand machten Filipinos 40 Prozent der Bevölkerung von Lahaina aus. Bei den meisten handelt es sich um Frauen. Die Forschenden befragten für ihre Studie 70 philippinische Überlebende.
16 Prozent gaben an, sexuelle Handlungen mit Vermietern, Arbeitgebern, Familienmitgliedern, Freunden oder Bekannten eingegangen zu sein. Diese Handlungen umfassten Küsse, Umarmungen, Berührungen und Geschlechtsverkehr.
Dem Bericht zufolge sind seit dem Waldbrand insgesamt mehr Menschen dem Risiko der sexuellen Ausbeutung ausgesetzt.
Der Hintergrund sei, dass bekannte Risikofaktoren wie häusliche Gewalt, Drogenmissbrauch, finanzielle Unsicherheit und instabile Lebensumstände noch verstärkt wurden.