Lockerbie-Verdächtiger in US-Gewahrsam genommen
Ein libyscher Staatsbürger, der die Bombe für den Lockerbie-Anschlag 1988 gebaut haben soll, ist von den USA in Gewahrsam genommen worden.

Das Wichtigste in Kürze
- Libyscher Ex-Agent Masud soll Bombe für den Anschlag 1988 gebaut haben.
Die schottische Staatsanwaltschaft meldete am Sonntag die Festnahme von Abu Agila Mohammed Masud. Dem US-Justizministerium zufolge wird er nun zu einer Anhörung vor einem Gericht in Washington erwartet. Der frühere libysche Geheimagent soll einer der führenden Bombenbauer des einstigen Machthabers Muammar al-Gaddafi gewesen sein.
Unter welchen Umständen Masud von den USA in Gewahrsam genommen wurde, blieb zunächst unklar. Als vor zwei Jahren gegen ihn in den USA Anklage erhoben wurde, befand er sich in Libyen in Haft – wegen seiner mutmasslichen Beteiligung an dem Anschlag auf die Berliner Diskothek «La Belle» im Jahr 1986, bei dem zwei US-Soldaten und eine türkische Frau starben. Der britische Sender BBC hatte im vergangenen Monat berichtet, Masud sei von einer libyschen Miliz entführt worden.
Ein Sprecher des US-Justizministeriums erklärte, Masud werde zu einem ersten Termin vor einem Bundesgericht in Washington erwartet. Er nannte kein Datum, sagte aber, dass Einzelheiten in Kürze bekannt gegeben würden. Einem Bericht der «New York Times» zufolge wurde Masud von der US-Bundespolizei FBI festgenommen und wird derzeit an die Vereinigten Staaten ausgeliefert.
In den USA und Schottland wird seit Jahren gegen Masud ermittelt. Der Ex-Agent steht im Verdacht, damals die Bombe für den Lockerbie-Anschlag gebaut zu haben. Bei dem Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug vor 34 Jahren waren 270 Menschen getötet worden, unter ihnen 190 US-Bürger. Die Maschine der Fluggesellschaft PanAm war am 21. Dezember 1988 unterwegs von London nach New York, als sie 38 Minuten nach dem Start über der schottischen Kleinstadt Lockerbie explodierte.
Bislang wurde nur ein Mensch wegen des Lockerbie-Anschlags verurteilt: 2001 erhielt der frühere libysche Geheimdienstoffizier Abdelbaset Mohamed al-Megrahi eine lange Haftstrafe, kam aber 2009 aus medizinischen Gründen aus einem schottischen Gefängnis frei und starb 2012 in der libyschen Hauptstadt Tripolis. Bis zu seinem Tod beteuerte er seine Unschuld.
Seitens der schottischen Staatsanwaltschaft hiess es nun, sie sei fest entschlossen, zusammen mit der Polizei und in Abstimmung mit den US-Behörden weiter zu ermitteln, «um diejenigen vor Gericht zu bringen, die an der Seite von al-Megrahi gehandelt haben». Die Familien der bei dem Lockerbie-Anschlag Getöteten seien darüber informiert worden, dass sich der Verdächtige Abu Agila Mohammed Masud (...) in US-Gewahrsam befinde«, sagte ein Sprecher.
Die Familien der Opfer dankten den amerikanischen und britischen Strafverfolgungsbehörden. «Unsere Angehörigen werden nie vergessen werden und diejenigen, die für ihre Tötung am 21. Dezember 1988 verantwortlich sind, werden vor Gericht gestellt», hiess es in einer Erklärung.
Der Lockerbie-Anschlag war der folgenschwerste Anschlag, der jemals auf dem Gebiet des Vereinigten Königreichs verübt wurde. Libyen hatte im Jahr 2003 die Verantwortung dafür übernommen und 2,7 Milliarden Dollar (etwa 2,3 Milliarden Euro) Entschädigung an die Hinterbliebenen der Opfer gezahlt.
Die Ermittlungen nahmen 2016 wieder an Fahrt auf, als Washington von Masuds Verhaftung nach Gaddafis Sturz im Jahr 2011 und seinem angeblichen Geständnis gegenüber der neuen libyschen Regierung 2012 erfuhr.