Seit Dezember 2017 wird in Brasiliens Schulen unterrichtet, wie man Fake News erkennen kann. Medien sollen aus einer anderern Perspektive betrachtet werden.
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Bei Online-Berichterstattung kursieren aber auch viele Fake News. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Brasilien geht in seinen Schulen gegen Fake News vor.
  • Schüler wird beigebracht, Nachrichten kritisch zu hinterfragen.

«Wenn ich irgendwelche Informationen bekomme, frage ich mich immer, ob sie auch wahr sind», sagt Helena Vital. Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen – das hat die Elfjährige in der Schule gelernt. Unterricht in Medienanalyse ist seit Dezember vergangenen Jahres für alle Schülerinnen und Schüler in Brasilien Pflicht. «Ziel ist, den Schülern beizubringen, Falschmeldungen zu erkennen», sagt Leandro Beguoci, Journalist und Programmleiter des Verbandes Nova Escola.

Doch bereits lange bevor das Fach in den nationalen Lehrplan aufgenommen und weltweit über Fake News diskutiert wurde, haben einige brasilianische Schulen den kritischen Umgang mit Medien gelehrt. Seit sechs Jahren bietet die staatliche Casa-Blanca-Schule am Stadtrand von São Paulo den Kurs «Imprensa Jovem» (Junge Presse) an. Lehrerin Lucilene Varandas versucht den acht bis 14 Jahre alten Kindern darin zu vermitteln, nicht alles, was sie sehen oder lesen, für bare Münze zu nehmen. «Sie hinterfragen die Informationen, schauen sich an, woher die Texte stammen, wer sie geschrieben und veröffentlicht hat und wer ein Interesse daran haben könnte», erklärt Lehrerin Varandas.

Sie habe in dem Kurs gelernt, Medien aus einer anderen Perspektive zu betrachten, sagt Helena. «Jetzt weiss ich, dass nicht alles schlecht läuft. Denn viele schlimme Meldungen in den Nachrichten sind gar nicht wahr.» Kayo Rodrigues ist durch den Kurs vorsichtiger im Umgang mit den sozialen Netzwerken geworden. «Es braucht nur einen Klick, um falsche Meldungen zu teilen. Durch das Projekt habe ich gelernt, über meine Klicks nachzudenken», sagt die 14-Jährige.

Von einem eignen Fach Medienerziehung an Schulen hält der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, nichts. «Den Schülern beizubringen, den Wahrheitsgehalt von Texten zu überprüfen, ist eine Querschnittsaufgabe mehrerer Fächer», sagt Meidinger. Die beste Voraussetzung, Falschmeldungen – zum Beispiel zum Klimawandel - zu erkennen, sei Wissen. Das niedersächsische Kultusministerium bietet Lehrern vorbereitete Unterrichtseinheiten zum Thema Fake News an, in denen die Schüler lernen sollen, Inhalte im Internet richtig einzuordnen.

In Brasilien spielen die sozialen Medien eine sehr grosse Rolle. 120 Millionen der 208 Millionen Brasilianer benutzen WhatsApp, mehr als hundert Millionen sind bei Facebook und 50 Millionen bei Instagram. «Interessant ist, dass man in Brasilien begriffen hat, dass Bildung im Umgang mit Medien und Technologie genauso wichtig ist wie klassische Bildung», sagt der Journalist Beguoci.

«Die Kinder wachsen mit den digitalen Technologien auf und müssen die Verantwortung übernehmen, Inhalte zu analysieren, bevor sie sie weiterverbreiten», sagt Veronica Martins Cannata, die an der privaten Schule Dante Alighieri in São Paulo für Technologie und Kommunikation zuständig ist. Seit elf Jahren wird dort ein reflektierter Umgang mit Medien gelehrt. «Anfangs sind die Schüler etwas naiv, aber schnell bekommen sie einen kritischen Blick und konsumieren Informationen anders», sagt Martins Cannata.

Die Schülerin Helena von der Casa-Blanca-Schule beäugt mittlerweile nicht nur die Nachrichten in den sozialen Netzwerken mit Skepsis. Auch beim Zeitunglesen ist sie kritischer geworden. «Manchmal», sagt sie, «mangelt es auch der Presse an Glaubwürdigkeit.»

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