Neue Erkenntnisse zu den Hintergründen des Sturms auf das US-Kapitol wurde in einer öffentlichen Anhörung vorgelegt. Trump wird dabei noch schwerer belastet.
Untersuchungsausschuss
Ein Video des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wird während des Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols gezeigt. Nach monatelangen Untersuchungen präsentiert das Gremium erstmals Ergebnisse. Foto: Andrew Harnik/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Andrew Harnik
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Untersuchungsausschuss wirft Trump vor, dass er den wütenden Mob angetrieben hatte.
  • Bereits seit Monaten werden Hunderte Zeugen befragt und Dokumenten als Beweise gesichtet.

Es kam zu einer ersten öffentlichen Anhörung des Untersuchungsausschusses zur Erstürmung des US-Kapitols. In der viel beachteten Befragung wurden neue Erkenntnisse zu den Hintergründen der Attacke offengelegt. Der Ex-Präsident Donald Trump wurde dabei weiter belastet.

Die Sitzung wurde am Donnerstagabend (Ortszeit) zur Hauptsendezeit von diversen Fernsehsendern live übertragen. Dabei zeigte das Gremium unter anderem bislang unveröffentlichtes Videomaterial und Ausschnitte aus Befragungen früherer Mitglieder der Trump-Regierung. So bezeichnete etwa der damalige Justizminister William Barr die Wahlbetrugsbehauptungen Trumps als «Schwachsinn».

Trump wird mit weiteren Vorwürfen belastet

Die Ausschussmitglieder warfen Trump vor, dieser habe mit seinen Betrugsbehauptungen den wütenden Mob angetrieben. Der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson sprach von einem «Putschversuch» und mahnte, die Demokratie in den USA sei weiter in Gefahr.

donald trump
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump. - dpa

Anhänger des damaligen republikanischen Präsidenten Trump hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington erstürmt. Sie wollten verhindern, dass der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden vom November 2020 bestätigt wird. Bei der Attacke kamen damals mehrere Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt.

Trump hatte seine Anhänger kurz zuvor bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Der Präsident musste sich deswegen einem Amtsenthebungsverfahren stellen, an dessen Ende er damals freigesprochen wurde. Der Untersuchungsausschuss im Kongress wurde im Sommer 2021 eingesetzt, um die Hintergründe des Angriffs auf das Kapitol aufzuklären.

«Trump soll den Mob herbeigerufen haben»

Die Vize-Ausschusschefin, die Republikanerin und Trump-Kritikerin Liz Cheney, sagte, die Attacke sei «kein spontaner Aufstand» gewesen. «Präsident Trump hat den Mob herbeigerufen, den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs entzündet.» Über Monate habe Trump einen ausgeklügelten Plan koordiniert. Er wollte den Ausgang der Präsidentenwahl kippen und die Machtübergabe an seinen Nachfolger verhindern.

William Barr
Der US-Justizminister William Barr. - AFP/Archiv

Der Untersuchungsausschuss hatte über Monate hinter verschlossenen Türen Hunderte Zeugen befragt und grosse Mengen an Dokumenten und Beweismaterial gesichtet. In der öffentlichen Sitzung wurden erstmals Ausschnitte der Befragungen gezeigt - unter anderem von Barr. Darin sagte der Ex-Justizminister mit Blick auf Trumps Behauptungen zum Wahlbetrug, er habe mehrere Gespräche mit ihm zum Thema gehabt.

«Ich habe deutlich gemacht, dass ich nicht damit einverstanden bin, dass behauptet wird, die Wahl sei gestohlen worden. Ebenso, dass dieses Zeug verbreitet wird, von dem ich dem Präsidenten gesagt habe, dass es Schwachsinn (Original: »Bullshit«) ist.» Behauptungen dieser Art nannte Barr «verrückt».

Ivanka Trump wurde befragt

Der Ausschuss zeigte auch den Video-Mitschnitt einer Befragung von Trumps Tochter Ivanka. Gefragt nach Barrs Aussagen sagte sie, dessen Einschätzung habe durchaus Auswirkungen auf ihre Sichtweise gehabt. Sie respektiere Barr. «Also akzeptierte ich, was er sagte.»

Das Gremium legte offen, Trump habe sich während des Kapitol-Sturms positiv über Drohungen seiner Anhänger gegen Vizepräsident Mike Pence geäussert. Cheney sagte unter Berufung auf Erkenntnisse des Gremiums, Trump habe von den Drohungen gewusst und dazu gesagt: «Vielleicht haben unsere Anhänger die richtige Idee.»Pence verdiene es, zitierte Cheney Trump weiter.

Mike Pence
Mike Pence: «Der 6. Januar war ein düsterer Tag in der Geschichte des US-Kapitols.» - sda - Keystone/AP/Elise Amendola

Pence hatte am 6. Januar 2021 in seiner Rolle als Vizepräsident die Kongresssitzung geleitet, bei der Bidens Wahlsieg bestätigt wurde. Trumps Anhänger suchten damals im Gebäude auch nach Pence, den sie als Verräter beschimpften und zu hängen drohten. Dies, weil er Bidens Bestätigung nicht verhinderte.

Dank Pence konnte die Ausnahmesituation unter Kontrolle gebracht werden

Pence war nach Erkenntnissen des Ausschusses derjenige, der am Ende die Nationalgarde zur Unterstützung anforderte. So konnte die Lage am Kapitol unter Kontrolle gebracht werden. Dies gab Generalstabschef Mark Milley in seiner Befragung an, aus der ebenfalls Ausschnitte gezeigt wurden. Das Weisse Haus habe es jedoch so darstellen wollen, als habe Trump die Entscheidung getroffen, hiess es weiter.

Bei der Ausschusssitzung sagten ausserdem live zwei Zeugen aus: Eine Polizistin, die bei der Kapitol-Attacke verletzt worden war, erzählte auf eindrückliche Weise von ihren traumatischen Erlebnissen. Und ein Dokumentarfilmer, der am Tag des Angriffs Mitglieder der rechten Miliz «Proud Boys» begleitet hatte, berichtete von seinen Erfahrungen.

Republikanische Partei
Beim Angriff auf das Kapitol kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. - AFP/Archiv

Die «Proud Boys» und die rechte Gruppierung «Oath Keepers» spielten nach Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses eine entscheidende Rolle bei der Attacke. Sie seien teils in voller Kampfausrüstung erschienen und hätten den Angriff koordiniert. Mitglieder beider Gruppen wurden nach der Erstürmung festgenommen und angeklagt. Die Verfahren laufen grösstenteils noch.

In den kommenden Wochen sollen weitere öffentliche Anhörungen des Gremiums folgen. Die nächste Sitzung ist für Montag angesetzt.

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