Pandemie-Experte Neil Ferguson hatte die britische Regierung von einem strikten Lockdown überzeugt. Jetzt lobt der Ex- Regierungsberater plötzlich Schweden.
Ex-Regierungsberater Neil Ferguson. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Professor Neil Ferguson überzeugte die britische Regierung von einem strikten Lockdown.
  • Weil er sich selber nicht daran hielt, musste Ferguson als Regierungsberater zurücktreten.
  • Jetzt lobt der Pandemie-Experte den schwedischen Weg in der Corona-Krise.

Pandemie-Experte Neil Ferguson hatte die britische Regierung von einem strikten Corona-Lockdown überzeugt. Die Folgen für die britische Wirtschaft sind jetzt verheerend.

Der Epidemiologe des «Imperial College London» malte das Schreckgespenst von bis zu einer halben Million Corona-Toten an die Wand.

Doch als er selber erkrankte, hielt sich «Professor Lockdown» nicht daran: Seine verheiratete Geliebte besuchte ihn mehrmals zuhause in London. Anfang Mai musste Ferguson deswegen als Chefberater der Regierung von Boris Johnson zurücktreten.

Ausschuss grillt Ferguson

Jetzt wollte ein Parlaments-Ausschuss von Ferguson wissen, ob der strikte Lockdown in Grossbritannien wirklich nötig gewesen sei.

Ferguson gab dabei unumwunden zu, dass er für Schweden wegen dessen Handhabung der Corona-Krise «den grössten Respekt» habe.

Coronavirus Schweden
Coronavirus in Schweden: Menschen sitzen in der Sonne in Restaurants und Cafés an dem Platz Lilla Torg. - dpa

Das skandinavische Land verordnete keinen Lockdown und hat nun keine massiven wirtschaftlichen Schäden zu verzeichnen.

Im Gegenteil: Das schwedische Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs sogar im ersten Quartal dieses Jahres.

Schweden verzeichnet pro Einwohner weniger Corona-Tote als Grossbritannien. Ferguson lobte Schweden jetzt dafür, dass das Land die Infektionsrate ohne wirtschaftlichen Lockdown tief halten konnte.

Schweden erzielt gleichen Effekt

Schweden habe mit seinem Weg den «gleichen Effekt» erzielt, sagte Ferguson. Allerdings sei in Schweden die Infektionsrate nicht so schnell gesunken wie in Grossbritannien. Über die Befragung im Ausschuss berichten mehrere britische Zeitungen.

In Grossbritannien kommen auf eine Million Einwohner 575 Corona-Infizierte. In Schweden sind es bloss 436 Infizierte per eine Million Einwohner.

Coronavirus - England
Grossbritannien ist stark vom Coronavirus betroffen. - dpa

«Es gibt Unterschiede, wie die Wissenschaft in verschiedenen Ländern die Politik beeinflusst hat», sagte Ferguson bei der Befragung. «Ich habe den grössten Respekt für die Wissenschaftler in Schweden. Diese kamen zu einer anderen politischen Schlussfolgerung. Die Basis sind aber ziemlich gleiche Erkenntnisse aus der Wissenschaft.»

Einige Experten kritisieren auch in Grossbritannien den strikten Lockdown. Zur Eindämmung der Corona-Infektionsrate hätten «Social Distancing» und gründliches Händewaschen genügt.

Keine Erklärung

Ferguson zeigte sich ratlos über die Corona-Folgen in Schweden. Er habe keine Erklärung dafür, wieso Schweden «nur» 4000 Corona-Tote verzeichnete, obwohl Schätzungen von 90'000 Toten ohne Lockdown ausgegangen seien. «Ich denke, dass ist eine interessante Frage.»

Schweden setzte in erster Linie auf die Eigenverantwortung der Bürger. «Es ist klar, dass es in Schweden ein beträchtliches Social Distancing gab», sagte Ferguson. Das habe zu einer wesentlichen Reduktion der Reproduktionszahl des Coronavirus geführt.

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