Wer ans Engadin denkt, der denkt an friedliche Bergtäler und feine Capuns. Im Film jedoch übernimmt die Berglandschaft mitunter die Rolle des Antagonisten.
Wolken Sils Maria
2014 stellten sich Juliette Binoche und Kristen Stewart (links) in «Die Wolken von Sils Maria» dem berüchtigten Malojawind. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer ans Engadin denkt, der denkt an friedliche Bergtäler.
  • Im Film jedoch übernimmt die Berglandschaft mitunter die Rolle des Gegenspielers.
  • Gletscher können selbst einem Sean Connery gefährlich werden.
  • Wir stellen fünf dieser Filme vor.
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Das der Frieden in den pittoresken Engadiner Bergtälern auch trügerisch sein kann, bewies das Engadin auf der Kinoleinwand in den letzten Jahrzehnten immer wieder.

So übernahm das Engadin im Auftrag des Spannungskinos regelmässig dramatische Funktionen. Wir stellen fünf dieser Filme vor.

Sibirisches Bündnerland

Hinter dem Eisernen Vorhang hatten Filmemacher aus dem Westen nichts zu suchen. Weshalb es auch James Bond nicht nach Sibirien verschlug, wie uns der Film «Im Angesicht des Todes» weismachen will, sondern ins Bündnerland.

Im Gebiet des Piz Bernina lieferte sich der Geheimagent eine heisse Verfolgungsjagd im russischen Winter.

Erfand James Bond im Oberengadin das Snowboard?

Das Snowboard war 1985 noch eine exotische Seltenheit. Auf dem Morteratsch-Gletscher schlug dem neuartigen Skisportgerät die cineastische Geburtsstunde: Bond (Roger Moore) entkommt den Sowjets, indem er sich aus Trümmern eines explodierenden Schneemobils ein Board bastelt.

MacGyver wäre neidisch geworden. Dank Tom Sims, als 007 auf dem Board, setzte sich das Snowboard im Freestyle-Bereich durch.

Flucht vor den Nazis

Was kaum jemand weiss: Richard Burton und Clint Eastwood entkamen den Nazi-Häschern vom Flugplatz Samedan aus. In «Agenten sterben einsam» gewinnen die Actionhelden im Alleingang sozusagen den Zweiten Weltkrieg.

Das gelingt am Ende nur, weil sie sich in einer Junkers Ju-52 in die Lüfte schwingen. Gedreht wurde 1968 in Österreich, doch als dort der Schnee ausging, wurde die nervenzerfetzende Flucht nach Samedan verlegt, marketingtechnisch auch «Engadin Airport» genannt.

Weil in Österreich der Schnee fehlte, wurde in Samedan gedreht.

Dafür rekrutierte man von der Schweizer Armee nicht nur den Piloten, sondern auch die Flugmaschine: Die «Tante Ju», wie man die Ju-52 mit der Registrierung A-702 liebevoll nannte, wurde mit den Insignien der Deutschen Luftwaffe bemalt (die Camouflage blieb bis 1986 sichtbar).

Der hochalpine Flugplatz, der höchstgelegene von Europa, gilt unter Piloten als besonders anspruchsvoll – und die Instrumente der Ju-52 stammten noch aus Kriegszeiten.

Für die Stuntsequenz war der legendäre Stuntman Yakima Canutt in Samedan vor Ort, der davor schon das Wagenrennen von Ben Hur in die Wege geleitet hatte. Während der explosive Filmauftritt ohne Dellen abging, fand die steile Karriere der Junkers 2018 ein tragisches Ende, als die Maschine in Graubünden abstürzte und alle 20 Insassen ums Leben kamen.

Gletscherleichen der Diavolezza

Das Engadin ist bekannt als Inspirationsort berühmter Künstler. Regisseur Fred Zinnemann, bekannt für Klassiker wie «Zwölf Uhr mittags», kam als Feriengast in Pontresina auf die Idee zu «Five Days, One Summer». Der Fund einer Gletscherleiche sollte die Bergsteiger aus dem Gleichgewicht bringen.

So wurde der Morteratschgletscher 1982 zum eiskalten Gegenspieler von Sean Connery. Einer Berglegende nach würde das Eis einen Toten im perfekten Zustand konservieren.

Es war schon starke Ironie des Schicksals, dass die Filmemacher auf der Suche nach der geeigneten Gletscherspalte tatsächlich auf eine mumifizierte Leiche stiessen – ein Genfer, vor 30 Jahren verschollen.

Bei Dreh wurde eine echte Leiche gefunden.

Die SAC-Hütte auf der Diavolezza, in der Connery nächtigt, wirkt authentisch bis auf die letzte Gamelle mit Kräutertee. Allerdings handelt es sich um eine täuschend echte Rekonstruktion, aufgebaut in der Nähe des heutigen Berghauses Diavolezza.

Der grandiosen Aussicht auf die Engadiner Höhen zog Sean Connery allerdings nach Drehschluss die neun Löcher auf dem Golfplatz von Samedan vor.

Bewölkt in Sils Maria?

Der Silsersee ist eines der Gewässer, die zur Engadiner Seenplatte zusammengefasst werden. Doch selbst vor diesem malerischen Hintergrund wird das Engadin in «Die Wolken von Sils Maria» zur dramatischen Kulisse einer Auseinandersetzung unter Frauen.

Kristen Stewart und Juliette Binoche liefern sich im Film eine Auseinandersetzung.

2014 stellten sich Juliette Binoche und Kristen Stewart dem berüchtigten Malojawind, dem Talwind des Bergells. Schnelle Erwärmung der steilen Berghänge lässt ihn vor allem im Herbst entstehen.

Das Wetterphänomen – nicht so selten, wie der Film uns weismachen will – heizt die Konfrontation der weiblichen Superstars an.

Voll die Härte für Heidi

Gleich oberhalb des Silser Sees, unweit vom mondänen St. Moritz, beginnt die harsche Bergwelt von «Heidi». Stärker als die romantisierenden Filmadaptionen der Johanna-Spyri-Romane hielt sich die TV-Serie von 1978 stark an die Vorlage.

Noch bevor die Rollen der Kinderdarsteller (Katja Polletin als Heidi und Katherina Böhm als Klara) besetzt waren, wollte das passende, urtümliche Dorf gefunden werden.

Grevaselvas war im Jahr 1978 die ideale Kulisse für die Heidi-Serie.

Stefan Zürcher, der sich als Location Manager der Bond-Filme einen Namen gemacht hatte, fand einen abgelegenen Weiler, der seiner Vorstellung der authentischen Umgebung am nächsten kam: Grevasalvas. Resultat waren 26 Folgen eines Gassenfegers, der die harte Realität jener Tage abbildete und ans Herz ging.

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Artikel verfasst von Roland Schäfli

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