In ganz Europa sollen wieder mehr Luchse leben. Für die Wiederansiedlung zügeln die wilden Katzen derzeit aus der Schweiz in unser Nachbarland.
Ein junger Luchs namens Palu tappte vor Kurzem in eine Fotofalle. Er wurde zusammen mit seinem Bruder Filou 2017 im Pfälzerwald geboren.
Bild: SOS Faucon Pèlerin Lynx / Claude Kurtz
Ein junger Luchs namens Palu tappte vor Kurzem in eine Fotofalle. Er wurde zusammen mit seinem Bruder Filou 2017 im Pfälzerwald geboren. Bild: SOS Faucon Pèlerin Lynx / Claude Kurtz
Luchs
Schweizer Expat in Deutschland: Ein Luchs aus dem Kanton Waadt wird im Pfälzerwald freigelassen. Bild: Cornelia Arens
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Das Wichtigste in Kürze

  • Luchse waren in Europa beinahe ausgerottet. Nun sollen sie wieder breit angesiedelt werden.
  • Dazu zügeln derzeit Luchse aus der Schweiz in den Pfälzerwald nach Deutschland.
  • Hier sollen sie eine stabile Luchspopulation bilden. Seit 2017 zählten die Verantwortlichen schon sieben junge Luchse.

Kurz sieht man nur das Stroh am Boden. Dann kommt Arcos aus seiner Transportkiste herausgeschossen. Die Pinselohren gespitzt, schaut er sich nur flüchtig um, während er über die Wiese rast und dann im Wald verschwindet. Die Szene stammt aus einem Video der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz, die derzeit den Luchs im deutschen Pfälzerwald wieder ansiedelt. Zwanzig Tiere braucht es dazu. Zehn von ihnen kommen aus der Slowakei, die restlichen – unter ihnen Arcos – aus der Schweiz.

Am Freitag vergangener Woche bekamen sie nun Gesellschaft von der Luchsin Gaupa. Gaupa wurde von Wildhütern im Kanton St. Gallen gefangen und in die Quarantänestation des Tierparks Goldau transportiert. Nach einem Gesundheitscheck holte ein Team der deutschen Stiftung die Luchsin ab. Vor dem Transport bekam Gaupa wie alle Tiere noch ein Halsband mit GPS-Sender, um ihre Bewegungen zu begleiten. 

Mensch muss dem Luchs helfen

«Wenn wir die Luchse freilassen, sind nicht alle so stürmisch wie Arcos. Manche kommen auch ganz behutsam aus der Box und schauen sich erstmal in Ruhe um», erzählt Sylvia Idelberger. Die Biologin ist Leiterin des unter anderem von der EU geförderten Projektes und sagt: «Ohne Hilfe von uns Menschen schaffen die Luchse es nicht, sich wieder grossräumig in Mitteleuropa auszubreiten.»

Denn die wilden Katzen sind Einzelgänger, deren Reviere sich über 50 bis 400 Quadratkilometer erstrecken können. Selbst wenn ein männlicher Luchs einmal von allein aus der Schweiz nach Deutschland auswandert, so findet er dort, in dem Gebiet hinter der Grenze, keine Fortpflanzungspartner. Und von seiner ursprünglichen Population, mit der er Nachkommen zeugen könnte, ist er durch Barrieren wie zum Beispiel Autobahnen und den Rhein abgetrennt. Deswegen versucht man, sogenannte Kernpopulationen wieder anzusiedeln. Aus diesen heraus können sich die Tiere dann grossflächiger ausbreiten.

Ursprünglich besiedelte die wilde Katze fast alle grösseren eurasischen Waldgebiete. Im Wald ist der Luchs wichtig für das Ökosystem. Als eines der wenigen Grossraubtiere frisst er zum Beispiel Rehe und junges Rotwild, die ohne ihn in vielen Gebieten bisher keine natürlichen Feinde haben.

Etwas zu erkundungsfreudig

Die Ansiedlung erfolgt aber nicht immer wie gewünscht: «Es ist eine Herausforderung, eine solche Kernpopulation in einem bestimmten Gebiet zu etablieren» sagt Sylvia Idelberger. Der eingangs erwähnte Schweizer Luchs Arcos war zum Beispiel etwas zu erkundungsfreudig. Nach seiner Freilassung hat er ein ordentliches Tempo vorgelegt und innerhalb eines Monats ganze 350 Kilometer zurückgelegt. Schliesslich hat er sich dann in den französischen Vogesen niedergelassen – weitab von der Population im Pfälzerwald. «Mit seiner grossen Wanderung ist Arcos ein Paradebeispiel für das, was ein Luchs leisten kann», sagt Idelberger.

Aber die meisten Luchse haben sich gut in ihrer neuen Heimat eingelebt und 2017 und 2018 sogar schon Nachwuchs bekommen. Mindestens sieben Jungtiere aus verschiedenen Würfen wurden mittlerweile im Pfälzerwald geboren.

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