Schweizer Hotelrestaurants unterschiedlichster Preisklassen haben das Fleisch zum Beigemüse erklärt. Die Gäste reagieren mehrheitlich positiv.
Ein Gericht im Hotel Saratz.
Ein Gericht im Hotel Saratz. - Dolores Rupa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Menschen in der Schweiz verzichten auf tierische Produkte.
  • Diese Veränderungen merken auch die Gastgeber in Hotels und Jugendherbergen.
  • Diese Betriebe setzen deshalb vermehrt auf vegetarische Angebote.

«Wir spüren seit einiger Zeit eine zunehmende Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichten», berichtet das Direktorenpaar Yvonne Urban und Martin Scherer vom Hotel Saratz in Pontresina.

Das Viersternehotel im Engadin eröffnete deshalb im Winter 2020 das Restaurant Giodi Vegetarian and Co.

Restaurant Giodi, Hotel Saratz in Pontresina

Küchenchefin Kari Walker strebt im neuen Lokal eine Symbiose zwischen traditionellen Gerichten und einer fernöstlichen Küche an.

Rund 45 Prozent des Angebots besteht aus veganen Speisen wie etwa dem Lauch-Kichererbsen-Gericht mit Naan-Brot, Champignons, Spinat, Koriander und Mango-Chili-Relish.

Das Restaurant Goldi im Hotel Saratz.
Im Hotel Saratz ist Fleisch Nebensache. - Dolores Rupa

Möchte ein Gast trotzdem Fleisch essen, kann dies im «Giodi» dazu bestellt werden. Gerne geben die Servicemitarbeiter Auskunft über das «Beigemüse», wie es auf der Menükarte mit einem Augenzwinkern genannt wird.

Es bestellen laut den Gastgebern jedoch weniger als 15 Prozent der Gäste ein Stück Fisch oder Fleisch zu den vegetarischen oder veganen Köstlichkeiten.

Am besten läuft im Giodi ganz klar die Pastinaken-Tajine mit Süsskartoffeln, Karotten, Tahini-Joghurt, Mandel-Couscous und Granatapfel.

Beliebt bei Einheimischen

Inzwischen machen 60 Prozent der Gäste im vegetarisch-veganen Restaurant Einheimische aus. «Sie sind neugierig. Viele vermissten bis anhin ein breites vegetarisches oder veganes Angebot in der Region», berichtet Yvonne Urban.

Der Erfolg spricht für sich: «Gäste buchen teilweise extra bei uns im Hotel wegen unseres vegetarischen Restaurants», freut sich die Direktorin.

Den Halbpension-Gästen stehen deshalb vermehrt fleischlose Alternativen zur Verfügung. Das Frühstücksangebot wurde aufgrund der Nachfrage mit Hummus und gebratenem Gemüse angereichert.

Hotel Adula, Flims

Auch das Hotel Adula in Flims geht mit der Zeit. Im Zuge seiner Neupositionierung eröffnete das Viersternehotel in der Bündner Survelva das Restaurant La Clav.

Dieses hat sich auf die Fahne geschrieben, Bündner Gerichte ausschliesslich vegetarisch oder gar vegan anzubieten. Gerichte wie die Südbündner Pizzoccheri mit Kartoffeln, Wirz, Birne, Bergkäse, Salbei und Röstzwiebeln oder das vegane Gericht Hirse-Capuns mit Mangold, Räucherpaprikacreme und Mandelmilch-Velouté kommen gut an.

Besonders die neue Kreation des Allzeit-Klassikers Capuns von Küchenchef Thomas Huber überrascht die Gäste.

Für Alle das passende Gericht - auch bei Fleischeslust

«Die innovativ angerichteten Gerichte verkaufen sich praktisch von alleine und locken Hotelgäste wie auch Externe an», berichtet Christina Ragettli vom Hotel Adula. «Wir bekommen häufig das Feedback, dass die Gäste nichts vermissen und ihre kulinarischen Bedürfnisse auch ohne Fleisch bestens abgedeckt werden.» Rund die Hälfte des Angebots im «La Clav» ist vegan.

Vegetarische Hanf-Pizokel im Hotel Adula.
Vegetarische Hanf-Pizokel im Hotel Adula. - zVg

Wer möchte, kann jedoch auch in diesem Restaurant Fleisch dazu bestellen. «So finden alle das passende Gericht. Wir wollen keine Gästegruppen auseinanderreissen», begründet Christina Ragettli. Das Angebot Fisch oder Fleisch zu bestellen, nimmt ungefähr ein Drittel aller Gäste im «La Clav» wahr.

Hotel Vitznauerhof

«Durch die vielen kreativen Gerichte, welche wir im Vitznauerhof servieren, bestellen vermehrt auch Flexitarier unsere vegetarische oder vegane Variante», berichtet auch Gastgeber Raphael Herzog vom Hotel Vitznauerhof in Vitznau.

«Wir verkaufen diese Gerichte sehr gut.» Besonders der Schweizer Miso-Blumenkohl mit Hummus, Granatapfel, Kartoffelcreme und Madras Curry mögen die Gäste des Restaurants Inspiration im schmucken Viersternehotel am Vierwaldstättersee.

Im Fine Dining Restaurant Sens gibt es ein Tatar, welches aussieht wie ein Rindstatar mit einem Eigelb in der Mitte. «Die meisten Veganer und Vegetarier zögern beim Bestellen, weil sie erst denken, es sei Fleisch», so Raphael Herzog.

Gemacht wird dieses Tatar aus dehydrierter Wassermelone und einem Eigelb aus pflanzlicher Piccalilli-Sauce. «Vegetarische und vegane Menüs sind von Speisekarten nicht mehr wegzudenken», findet der Gastgeber. Die Gäste des «Vitznauerhofs» sollen sich wie zu Hause fühlen und eine schöne Auswahl haben.

Das Hotel Vitznauerhof.
Das Hotel Vitznauerhof. - zVg

Kommt bei den Flexitariern doch Fleischeslust auf, so haben diese die Möglichkeit, Fleisch, Fisch oder Planted Chicken dazu zu bestellen.

Diese Möglichkeit nimmt rund die Hälfte der Gäste wahr. Zudem wird im mit zwei Michelin-Sternen und 18 Gault-Millau-Punkten ausgezeichneten Restaurant Sens von Küchenchef Jeroen Achtien ein siebengängiges Menü mit allem Drum und Dran serviert.

Schweizer Jugendherbergen

Da die Schweizer Jugendherbergen sehr auf Nachhaltigkeit achten, bieten diese seit Langem vegetarische Gerichte an. «In den letzten Jahren haben wir eine wachsende Nachfrage nach veganen Gerichten bemerkt.

Vegan ist quasi das neue Vegetarisch», berichtet Thomas Unger, Business Manager F&B der Schweizer Jugendherbergen.

Deshalb haben die Betriebe das Konzept ihrer Gerichte komplett gedreht: Anstatt Fleischgerichte auch als vegetarische oder vegane Variante anzubieten, wird in den Schweizer Jugendherbergen ein vegetarisches/veganes Gericht gekocht, das manchmal mit Fleisch ergänzt werden kann.

Veganes Essen
Die vegane Küche ist bunt und vielfältig. - Unsplash

Zudem hat der Gast die Möglichkeit, sein Essen individuell seinem Geschmack anzupassen. Dazu stehen an Topping-Stationen Kräuter, Chili, Gewürze, frittierte Zwiebeln, Zitronenschnitze oder Frühlingszwiebeln zur Verfügung.

Fleischverzicht ist für viele kein Problem

Vegetarisches und veganes Essen kommt bei den Gästen der Jugendherbergen vorwiegend gut an. Für viele ist der Verzicht auf Fleisch an einigen Tagen in der Woche kein Problem.

«Oftmals merkt der Gast gar nicht, dass er etwas Veganes isst, da gewisse Gerichte wie Älplermagronen per se kein Fleisch beinhalten.

Dass eine Sauce auf Pflanzenbasis ist oder etwa in Öl statt Butter gebraten ist, schmeckt man oftmals nur, wenn man es weiss», erläutert der Manager F&B.

Das Restaurant in der Jugendherberge Interlaken.
Nachhaltig geht es auch auf den Tellern der Jugendherberge Interlaken zu und her. - Mischa Scherrer

Natürlich gäbe es nach wie vor Gäste, die sich nach einem grossen Stück Fleisch erkundigen. Wenn diesen dann jedoch die Idee hinter den Gerichten erklärt und aufgezeigt wird, was ein Abendessen beinhaltet, dann zeigen sie in der Regel grosses Verständnis.

Das Menü für maximal 19.50 Franken besteht aus Salat vom Buffet oder Suppe, einem Hauptgang sowie einem Tagesdessert.

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