Trotz vieler Studien ist eine Struktur unentdeckt geblieben, die den Körper durchzieht. US-Mediziner entdeckten das flüssigkeitsgefüllte Netzwerk durch Zufall. Es könnte offene Fragen zur Ausbreitung von Krebs erklären und neue Diagnosemöglichkeiten eröffnen.
Die neu entdeckte Struktur befindet sich in einem Netzwerk, das den Organismus durchzieht.
Die neu entdeckte Struktur befindet sich in einem Netzwerk, das den Organismus durchzieht. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • US-Forscher haben in einem bekannten Zwischengewebe des Menschen bisher unbekannte Hohlräume entdeckt.
  • Diese befinden sich im sogenannten Interstitium.
  • Die Hohlräume sind möglicherweise an der Ausbreitung von Krebs beteiligt.

Mediziner haben im Körper ein Netzwerk entdeckt, das den Organismus durchzieht und möglicherweise an der Ausbreitung von Krebs beteiligt ist. Es gehört zum sogenannten Interstitium, dem Zwischengewebe, das etwa unter der Haut liegt aber auch Lungen, Verdauungstrakt und Harnwege auskleidet. Das Interstitium steht zudem in Verbindung mit Blutgefässen, Lymphsystem und Muskelgewebe. Zwar war es als festes Gewebe schon bekannt. Doch nun berichten US-Forscher im Fachblatt «Scientific Reports» von einem Netz von Hohlräumen darin, die Flüssigkeit enthalten und den Körper durchziehen. Ein deutscher Experte spricht von einer wichtigen Erkenntnis, ein neuentdecktes Organ könne man dies aber nicht nennen.

Die Hohlräume waren den Forschern zufolge bisher unentdeckt geblieben, weil die chemische Fixierung von Gewebeproben zwar Zellelemente und Strukturen bewahrt, ihnen aber viel Flüssigkeit entzieht, so dass das Netzwerk kollabiert. Daher gingen Forscher bisher davon aus, dass es sich um dichtes Gewebe handele – nicht um Hohlräume, die mit Flüssigkeit gefüllt sind.

Das Interstitium ist hier unter der oberen Hautschicht zu sehen.
Das Interstitium ist hier unter der oberen Hautschicht zu sehen. - dpa

«Der durch die Fixierung entstandene Kollaps hat dafür gesorgt, dass das flüssigkeitsgefüllte Gewebe, das den ganzen Körper durchzieht, jahrzehntelang in Biopsieproben fest erschien», sagt Studienleiter Neil Theise vom Mount Sinai Beth Israel Medical Center in New York. «Diese Erkenntnis hat das Potenzial für dramatische Fortschritte in der Medizin, darunter die Möglichkeit, dass Proben der Interstitialflüssigkeit ein wichtiges Diagnosewerkzeug werden.»

Anscheinend dienen die winzigen Kanäle unter anderem als Puffer, wenn sich Gewebe zusammenzieht oder ausdehnt, um die Elastizität zu gewährleisten. Die Forscher vermuten auch, dass etliche Stoffe sich durch das Netzwerk verbreiten können, darunter Signalstoffe wie etwa Hormone oder auch Krebszellen.

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