«Looksmaxxing»: Internet-Trend mit Schattenseiten
Der Trend zur Selbstoptimierung geht immer weiter. Im Netz zieht das Phänomen «Looksmaxxing» besonders junge Männer an. Was steckt dahinter?

Du scrollst durch Tiktok und plötzlich siehst du ihn: einen Teenager, der mit chirurgischer Präzision seine Kieferlinie vermisst und dabei Begriffe wie «Hunter Eyes» und «Mewing» verwendet.
Willkommen in der Welt des «Looksmaxxing»: Der Trend ist aus den dunkelsten Ecken des Internets hervorgekrochen und zieht nun Millionen junger Männer in seinen Bann.
Der englische Begriff beschreibt den obsessiven Versuch, das eigene Aussehen zu «maximieren», um bestimmten Schönheitsstandards zu entsprechen. Was harmlos als Selbstverbesserung beginnt, kann schnell in gefährliche Gewässer führen.
Der perfekte Mann: Wenn Algorithmen das Schönheitsideal bestimmen
Die Praktiken reichen von «Softmaxxing» – also harmlosen Methoden wie Hautpflege, Frisuren und Fitness – bis hin zu «Hardmaxxing». Letzteres steht für extreme Massnahmen wie Operationen, Steroidkonsum oder sogar das sogenannte «Bonesmashing».

Hier schlagen sich Menschen buchstäblich ins Gesicht, um angeblich ihre Knochenstruktur zu verändern. Die Wissenschaft dahinter? Praktisch nicht existent.
Das Schönheitsideal des «Looksmaxxing» ist erschreckend spezifisch: quadratischer Kiefer, tiefliegende «Hunter Eyes», eine Körpergrösse zwischen 1,85 und 1,93 Meter, muskulöser Körperbau und makellose Haut.
Vom Selbstzweifel zur Selbstzerstörung: Die psychologischen Fallstricke
Die Wurzeln des «Looksmaxxing» liegen oft in tiefer Unsicherheit und negativem Selbstbild. Junge Männer, die sich unattraktiv oder ungeliebt fühlen, suchen in Online-Communitys nach Lösungen für ihre Probleme.
Aber: Junge Menschen, die mehr als drei Stunden täglich online verbringen, haben Studien zufolge ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme. Die ständige Konfrontation mit vermeintlich perfekten Gesichtern und Körpern führt zu einem verzerrten Selbstbild.

Eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigt einen direkten Zusammenhang zwischen psychischen Problemen wie der körperdysmorphen Störung und der Entscheidung für Schönheitsoperationen. «Looksmaxxing» verstärkt diese Tendenz und kann junge Menschen in einen Teufelskreis aus Selbstzweifeln und extremen Massnahmen treiben.
Gefährliche Verbindungen: Wenn Schönheitswahn auf Frauenhass trifft
Besonders beunruhigend sind die Ursprünge des «Looksmaxxing»-Trends in der sogenannten «Incel»-Community. Diese Gruppe «unfreiwillig zölibatärer» Männer macht Frauen für ihre romantischen Misserfolge verantwortlich und entwickelt oft misogyne und gewaltverherrlichende Ideologien.
«Looksmaxxing» entstand als vermeintliche Lösung für ihre Probleme: Wenn man nur attraktiv genug wird, so die Logik, werden einen Frauen automatisch begehren. Wer nach «Looksmaxxing»-Inhalten sucht, läuft Gefahr, auf Foren und Communitys zu stossen, die «Incel»-Ideologien fördern.
Diese Radikalisierung kann schrittweise erfolgen und junge Männer in eine Spirale aus Hass und Selbstzerstörung führen. Die Grenzen zwischen Selbstverbesserung und gefährlichem Extremismus verschwimmen dabei oft.
Alarmsignale erkennen: Wann Hilfe nötig wird
Die Warnsignale für problematisches «Looksmaxxing»-Verhalten sind vielfältig und sollten ernst genommen werden. Übermässige Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen, sozialer Rückzug, Stimmungsschwankungen und der Wunsch nach extremen körperlichen Veränderungen können Hinweise auf ein Problem sein.

Experten vergleichen «Looksmaxxing» mit der «Pro Ana»-Bewegung, die Essstörungen verherrlicht. Beide Phänomene nutzen Online-Plattformen, um vulnerable junge Menschen zu erreichen und sie zu selbstschädigenden Verhaltensweisen zu ermutigen. Die Parallelen sind erschreckend und zeigen, wie wichtig Aufklärung und Prävention sind.