Dorfleben: Stadt und Land sind vom Lädelisterben betroffen
Das Wichtigste in Kürze
- In den letzten Jahren verschwanden über 3000 Kleinläden in der Schweiz.
- Die Corona-Pandemie konnte das Lädelisterben auf dem Land lediglich verzögern.
Es ist einer der grossen Paradoxen unserer Zeit: Unzählige Menschen beklagen sich lauthals über verödete Innenstädte und Dörfer, in denen die letzten Einkaufsmöglichkeiten verschwinden. Zugleich bestellen Sie immer mehr im Internet.
Der Onlinehandel ist eine der Hauptursachen für das Lädelisterben in der gesamten Schweiz, doch nicht die einzige. Dazu kommt der Abschwung des Euros. Er macht das Shopping im Ausland attraktiver, als es aufgrund der Preisdifferenzen ohnehin schon war.
Zum Vergleich: Im Jahr 2019 zahlten Schweizer für den gleichen Warenkorb 48 Prozent mehr als Deutsche.
So schlimm ist das Lädelisterben wirklich
Nicht überall zeichnet sich das gleiche düstere Bild ab. Betroffen vom Ladensterben sind vor allem die grösseren Städte des Landes. Fantasielose Einkaufsstrassen mit den immer gleichen Modeketten werden immer weniger besucht.
Seit 2011 ist der Umsatz in Kleiderläden pro Quadratmeter um 20 Prozent gesunken. Stattdessen wurde immer mehr online bestellt, insbesondere bei grossen Portalen wie Zalando und Amazon.
Sind die Mieter einmal ausgezogen, tun sich Vermieter schwer damit, Nachfolger zu finden. Ende 2018 – noch vor der Corona-Pandemie – standen in der Schweiz 330'000 Quadratmeter Ladenfläche leer.
Werden Geschäftsräume überhaupt wieder vermietet, folgt nur in einem Fünftel der Fälle ein neuer Detailhändler. Stattdessen ziehen meist Coiffeur- und Kosmetiksalons, Gastronomie oder andere Dienstleister ein.
Unterschiedliche Rezepte gegen das Lädelisterben
In grösseren Städten hoffen die Vermieter vor allem auf die Gastroszene. Schliesslich lassen sich Burger und Pizza nicht mal eben billiger im Ausland shoppen. Und die Bestellung online ist für örtliche Gastronomen sogar ein einträgliches Zusatzgeschäft.
Statistiken bestätigen dieses Bild. So sind in vielen Kantonen netto mehr neue Läden entstanden als alte geschlossen haben. Neben Nahrungsgenussmitteln kamen viele Einrichtungsgeschäfte hinzu und bestätigen den Trend zu immer üppigeren Einrichtungen. Beim alltäglichen Dorfleben sieht das schon wieder anders aus.
Dorfleben: Dörfler werden mobiler
Veränderte Gewohnheiten machen auch den kleinen Dorfläden zu schaffen. Über Jahrzehnte standen sie häufig neben Kirche und Beiz im Mittelpunkt vom Dorfleben. Doch die meisten Dorfbewohner ziehen heute den Einkauf in grösseren Supermärkten vor, die sie mit dem Auto erreichen können. Die Auswahl ist grösser und die Preise sind günstiger.
Einige Besitzer versuchen, mit zusätzlichen Leistungen wie dem Betrieb einer Poststelle mehr Kunden zu locken. Wer ein Päckchen zu verschicken hat, der kauft dann auch gleich einige Lebensmittel, statt zum Supermarkt zu fahren. So zumindest die Hoffnung.
Einige Gemeinden setzen auf mehr regionale Produkte als Lösung oder auf Hofläden der Bauernhöfe. Diese können die Nachfrage nach Alltagsprodukten zumindest teilweise befriedigen und locken im Idealfall sogar Käufer aus anderen Gemeinden an. Den klassischen Vollsortimenter werden sie jedoch auch nicht ersetzen können. So soll das Dorfleben wieder vermehrt stattfinden.